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„A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.“ – Michael Jackson



„Wenn ich fünf Jahre nach dem Prozess gegen Michael Jackson zurückblicke, sehe ich eine außer Kontrolle geratene Presse. Die schiere Menge an Propaganda, Voreingenommenheit, Verzerrung und Fehlinformation ist beinahe unfassbar.“



Eine Doku, basierend auf C. Thomsons Artikel

The Michael Jackson Trial : One of the Most Shameful Episodes In Journalistic History

Heute ist es fünf Jahre her, dass zwölf Geschworene Michael Jackson einstimmig von verschiedenen Vorwürfen des Kindesmissbrauchs, der Verschwörung und der Verabreichung von Alkohol an Minderjährige freisprachen. Es ist schwer zu sagen, wie der Michael Jackson-Prozess in die Geschichte eingehen wird. Vielleicht als Inbegriff westlichen Promikults. Vielleicht als Lynchjustiz des 21. Jahrhunderts. Ich persönlich denke, dass er als eine der beschämendsten Episoden in der Geschichte des Journalismus in Erinnerung bleiben wird.

Erst wenn man sich durch Zeitungsarchive wühlt und Stunden von Fernsehberichten ansieht, versteht man das Ausmaß des Versagens der Medien wirklich. Es betraf die gesamte Branche. Zweifellos gab es bestimmte Reporter und sogar bestimmte Publikationen und Fernsehsender, die die Staatsanwaltschaft offen favorisierten, aber viele Versäumnisse der Medien waren institutionell. Wie kann man in einer Medienwelt, die von Schlagwörtern besessen ist, acht Stunden Zeugenaussagen in zwei Sätzen zusammenfassen und dabei korrekt bleiben? Wie widersteht man im Zeitalter sich überschlagender Nachrichten und unmittelbarem Blogging der Versuchung, bei der erstbesten Gelegenheit aus dem Gerichtssaal zu stürzen, um über die neuesten anzüglichen Anschuldigungen zu berichten, auch wenn das bedeutet, einen Teil der Zeugenaussagen des Tages zu verpassen?

Wenn ich auf den Prozess gegen Michael Jackson zurückblicke, sehe ich eine außer Kontrolle geratene Medienlandschaft. Die schiere Menge an Propaganda, Voreingenommenheit, Verzerrung und Fehlinformation ist nahezu unfassbar. Wenn man die Gerichtsprotokolle liest und sie mit den Zeitungsausschnitten vergleicht, hat der Prozess, der uns übermittelt wurde, nicht einmal Ähnlichkeit mit dem Prozess, der im Gerichtssaal stattfand. Die Protokolle zeigen eine endlose Parade zwielichtiger Zeugen der Anklage, die fast stündlich Meineide leisteten und im Kreuzverhör zusammenbrachen. Die Zeitungsausschnitte und die TV-Nachrichtenclips berichteten Tag für Tag von abscheulichen Anschuldigungen und reißerischen Anspielungen.

Es war der 18. November 2003, als 70 Sheriffs auf Michael Jacksons Neverland Ranch stürmten. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Razzia unterbrachen die Nachrichtensender ihren Sendeplan und gingen zur 24-Stunden-Berichterstattung über. Als sich herausstellte, dass Jackson beschuldigt wurde, den jungen, krebskranken Gavin Arvizo belästigt zu haben, den Bub, der in Martin Bashirs „Living With Michael Jackson“ bekanntlich die Hand des Sängers hielt, überschlugen sich die Medien. Die Sender waren so besessen von dem Jackson-Skandal, dass über einen Terroranschlag in der Türkei fast gar nicht berichtet wurde. Nur CNN machte sich die Mühe, die gemeinsame Pressekonferenz von George Bush und Tony Blair über die Katastrophe zu übertragen.

Alle drei großen Fernsehsender machten sich sofort daran, stundenlange Sondersendungen über den Jackson-Fall zu produzieren, offenbar unbeeindruckt von der Tatsache, dass noch nichts über die Anschuldigungen bekannt war und die Staatsanwälte keine Fragen beantworteten. CBS widmete der Verhaftung eine Folge von 48 Hours Investigates, während NBC’s Dateline und ABC’s 20/20 ebenfalls in kürzester Zeit Jackson-Specials herausbrachten. Innerhalb von zwei Tagen nach der Razzia auf Neverland und bevor Jackson überhaupt verhaftet wurde, kündigte VH1 eine halbstündige Dokumentation mit dem Titel „Michael Jackson Sex Scandal“ an.

Daily Variety beschrieb die Jackson-Story als „ein Geschenk des Himmels für … die Medien, insbesondere für die Kabelnachrichtenkanäle und Lokalsender, die ihre Nielsen-Zahlen in der letzten Woche vor den wichtigen November-Sweeps in die Höhe treiben wollen“.

Daily Variety hatte recht. Die Einschaltquoten der Promi-News-Shows stiegen sprunghaft an, als die Jackson-Story einschlug. Die Einschaltquoten von Access Hollywood stiegen im Vergleich zur Vorwoche um 10 %. Entertainment Tonight und Extra erreichten beide die besten Einschaltquoten der Saison, und auch Celebrity Justice konnte sich über einen Anstieg von 8 % freuen.

Die Zeitungen reagierten ebenso hysterisch wie die Fernsehsender. „Sicko!“, schrie die New York Daily News. „Jacko: Now Get Out Of This One“, stichelte die New York Post.

Die Sun – Großbritanniens größte Zeitung – veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel „He’s Bad, He’s Dangerous, He’s History“ (Er ist böse, er ist gefährlich, er ist Geschichte). Der Artikel brandmarkte Jackson als „ex-schwarzen Ex-Superstar“, einen „Freak“ und ein „verdrehtes Individuum“ und forderte, dass seine Kinder in Obhut genommen werden sollten. „Wäre er nicht ein Pop-Idol mit einem Haufen Geld, hinter dem er sich verstecken kann“, hieß es, „wäre er schon vor Jahren weggesperrt worden“.

Ermutigt durch den Publikumsansturm, den der Jackson-Skandal ausgelöst hatte, machten es sich die Medien zur Aufgabe, den Fall so gut wie möglich auszuschlachten. Tom Sinclair von Entertainment Weekly schrieb: „Die Medienmacher, vom schäbigsten Boulevardreporter hin zum nettesten Nachrichtensprecher, versuchen mit Hochdruck, Kolumnen und Sendezeit mit Jacko-Exklusivberichten und TV-Sprechern zu füllen.“

„Der Druck auf die Nachrichtenleute ist enorm“, sagte Rechtsanwalt Harland Braun gegenüber Sinclair. „So landen Anwälte, von denen man noch nie etwas gehört hat, im Fernsehen und sprechen über Fälle, zu denen sie keinen Bezug haben.“

Sinclair fügte hinzu: „Und nicht nur Anwälte. Jeder, von Ärzten, Autoren und Psychiatern hin zu Supermarktangestellten, die Jackson einst bedienten, meldet sich im Fernsehen und in der Presse zu Wort.“

Während die Medien damit beschäftigt waren, eine Reihe von Quacksalbern und entfernten Bekannten nach ihrer Meinung zu dem Skandal zu befragen, legte das Team von Staatsanwälten, das hinter dem neuesten Jackson-Fall stand, ein höchst fragwürdiges Verhalten an den Tag – aber das schien die Medien nicht zu interessieren.

Während der Neverland-Razzia verstießen der Bezirksstaatsanwalt Tom Sneddon – der Staatsanwalt, der Jackson 1993 erfolglos strafrechtlich verfolgte – und seine Beamten gegen ihren eigenen Durchsuchungsbefehl, indem sie Jacksons Büro betraten und haufenweise irrelevante Geschäftsunterlagen beschlagnahmten. Außerdem durchsuchten sie illegaler Weise das Büro eines Privatdetektivs, der für Jacksons Verteidigungsteam arbeitete, und stahlen Verteidigungsunterlagen aus der Wohnung der persönlichen Assistentin des Sängers.

Sneddon schien außerdem jedes Mal grundlegende Bestandteile seines Falles zu manipulieren, wenn Beweise ans Licht kamen, die die Behauptungen der Familie Arvizo untergruben. Als der Staatsanwalt zum Beispiel von zwei aufgezeichneten Interviews erfuhr, in denen die gesamte Arvizo-Familie Lobgesänge auf Jackson sang und jeglichen Missbrauch leugnete, erhob er Anklage wegen Verschwörung und behauptete, sie seien gezwungen worden, gegen ihren Willen zu lügen.

In einem ähnlichen Beispiel trat Jacksons Anwalt Mark Geragos im Januar 2004 bei NBC auf und erklärte, dass der Sänger ein „konkretes, stichhaltiges Alibi“ für die Daten auf dem Anklageschreiben habe. Als Jackson im April erneut wegen der Verschwörung vernommen wurde, hatten sich die Daten für die Belästigung um fast zwei Wochen verschoben.

Später wurde Sneddon dabei ertappt, wie er scheinbar versuchte, Fingerabdrücke als Beweise gegen Jackson zu platzieren, indem er dem Ankläger Gavin Arvizo erlaubte, während der Anhörung vor der Grand Jury Pornohefte in die Hand zu nehmen, sie dann einzutüten und sie zur Analyse der Fingerabdrücke wegzuschicken.

Der Großteil der Medien übersah nicht nur diese Vielzahl fragwürdiger und gelegentlich illegaler Aktivitäten der Staatsanwaltschaft, sondern schien auch völlig zufrieden damit zu sein, trotz des völligen Mangels an stichhaltigen Beweisen vernichtende Propaganda im Namen der Staatsanwaltschaft zu verbreiten. So trat Diane Dimond beispielsweise einige Tage nach Jacksons Verhaftung bei Larry King Live auf und sprach wiederholt über einen „Stapel Liebesbriefe“, die der Star angeblich an Gavin Arvizo geschrieben hatte.

„Weiß irgendjemand hier von der Existenz dieser Briefe?“, fragte King.

„Auf jeden Fall“, antwortete Dimond. „Ich weiß es. Ich weiß absolut von ihrer Existenz!“

„Diane, hast du sie gelesen?“ „Nein, ich habe sie nicht gelesen.“

Dimond gab zu, dass sie die Briefe nie gesehen, geschweige denn gelesen hatte, aber sie sagte, dass sie von „Quellen in den höheren Ebenen der Strafverfolgung“ davon wusste. Aber diese Liebesbriefe sind nie aufgetaucht. Als Dimond sagte, dass sie von der Existenz der Briefe „absolut wusste“, stützte sie sich ausschließlich auf die Aussagen von Polizeiquellen. Im besten Fall haben die Polizeiquellen die Behauptungen der Arvizos in gutem Glauben nachgeplappert. Im schlimmsten Fall hatten sie die Geschichte selbst erfunden, um Jacksons Namen zu beschmutzen. In jedem Fall ging die Geschichte um die Welt, ohne dass es auch nur den kleinsten Beweis dafür gab.

Es lag über ein Jahr zwischen Jacksons Verhaftung und dem Beginn seines Prozesses und die Medien waren gezwungen, die Geschichte so lange wie möglich auszuschlachten. Da sie wussten, dass es Michael Jackson gerichtlich untersagt war, sich in der Öffentlichkeit zu den Vorwürfen zu äußern, begannen Sympathisanten der Staatsanwaltschaft, Dokumente wie Jordan Chandlers polizeiliche Aussage von 1993 zu veröffentlichen. Die Medien – skandal- und sensationsgierig – stürzten sich darauf.

Gleichzeitig wurden Behauptungen, die in den 1990er-Jahren von verärgerten Ex-Mitarbeitern an Boulevard-Fernsehsendungen verkauft wurden, ständig neu aufbereitet und als Nachrichten präsentiert. Auch kleine Details der Arvizo-Anschuldigungen sickerten regelmäßig durch.

Auch wenn die meisten Medien diese Geschichten eher als Behauptungen denn als Tatsachen darstellten, hatte die schiere Menge und Häufigkeit der Geschichten, die Jackson mit hässlichem sexuellem Missbrauch in Verbindung brachten, zusammen mit seiner Unfähigkeit, sie zu widerlegen, eine verheerende Wirkung auf das öffentliche Image des Stars.

31.1.2005 – Beginn der Jury Auswahl

Der Prozess begann Anfang 2005 mit der Auswahl der Geschworenen. Auf die Frage von NBC nach den Taktiken der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung bei der Auswahl der Geschworenen sagte Dimond, der Unterschied bestehe darin, dass die Staatsanwälte nach Geschworenen suchen würden, die ein Gefühl für „Gut und Böse“ und „Richtig und Falsch“ hätten.

Kaum waren die Geschworenen ausgewählt, versuchte Newsweek, ihre Autorität zu untergraben, indem sie behauptete, dass Geschworene aus der Mittelschicht nicht in der Lage wären, eine Familie von Anklägern aus der Unterschicht gerecht zu beurteilen. In einem Artikel mit dem Titel „Playing the Class Card“ schrieb das Magazin: „Der Jackson-Prozess könnte von etwas anderem abhängen als von der Rasse. Und wir meinen damit nicht die Beweise.“

Als die Verhandlung in Gang kam, wurde schnell klar, dass der Fall voller Löcher war. Die einzigen „Beweise“ der Staatsanwaltschaft waren ein Stapel heterosexueller Pornohefte und ein paar legale Kunstbücher. Thomas Mesereau schrieb in einem Antrag an das Gericht: „Der Versuch, Mr. Jackson wegen des Besitzes einer der weltweit größten Privatbibliotheken anzuklagen, ist alarmierend. Seit den dunklen Tagen vor fast einem Dreivierteljahrhundert hat niemand mehr eine Anklage erlebt, die behauptete, der Besitz von Büchern bekannter Künstler sei ein Beweis für ein Staatsverbrechen.“

Gavin Arvizos Bruder Star trat zu Beginn des Prozesses in den Zeugenstand und behauptete, Zeuge von zwei bestimmten Belästigungen gewesen zu sein, aber seine Aussage war völlig widersprüchlich. In Bezug auf die eine Tat behauptete er vor Gericht, Jackson habe Gavin gestreichelt, aber in einer früheren Beschreibung desselben Vorfalls erzählte er eine völlig andere Geschichte und behauptete, Jackson habe seinen Penis an Gavins Gesäß gerieben. Auch über die andere angebliche Tat erzählte er an zwei aufeinanderfolgenden Tagen vor Gericht zwei verschiedene Geschichten.

Während des Kreuzverhörs zeigte Jacksons Anwalt Thomas Mesereau dem Jungen ein Exemplar von „Barely Legal“ und fragte ihn wiederholt, ob das die Ausgabe sei, die Jackson ihm und seinem Bruder gezeigt hatte. Der Junge bejahte dies, woraufhin Mesereau enthüllte, dass diese erst im August 2003 erschienen war, fünf Monate, nachdem die Familie Arvizo Neverland verlassen hatte.

Aber diese Information ging nahezu völlig unter. Die Medien richteten ihr Augenmerk lieber auf die Anschuldigungen des Jungen als auf das Kreuzverhör, das diese widerlegte. Anschuldigungen sind gut für Schlagzeilen. Ein komplexes Kreuzverhör nicht.

Als Gavin Arvizo im Zeugenstand aussagte, behauptete er, Jackson habe den ersten Missbrauch damit begonnen, indem er ihm sagte, dass alle Jungen masturbieren müssten, weil sie sonst zu Vergewaltigern würden. Aber Mesereau zeigte im Kreuzverhör, dass der Junge zuvor zugegeben hatte, dass seine „Großmutter“ diese Bemerkung gemacht hatte und nicht Jackson, was bedeutete, dass die ganze Belästigungsgeschichte auf einer Lüge beruhte.

Im Kreuzverhör schadete der Junge der Verschwörungs-Anklage der Staatsanwaltschaft sehr, indem er behauptete, er habe sich in Neverland nie gefürchtet und wollte nie weg. Auch seine Schilderungen der angeblichen Belästigung unterschieden sich von denen seines Bruders.

Zu Jacksons Unglück wurde Gavin Arvizos Kreuzverhör nahezu ignoriert, während die Zeitungen über den sogenannten „Pyjama-Tag“ kicherten und tratschten. Am ersten Tag der direkten Befragung des Jungen rutschte Jackson in der Dusche aus, verletzte sich die Lunge und wurde ins Krankenhaus gebracht. Als Richter Rodney Melville einen Haftbefehl gegen Jackson ausstellte, falls er nicht innerhalb einer Stunde erscheinen würde, raste der Sänger in der Pyjamahose, die er trug, als er ins Krankenhaus gebracht wurde, zum Gerichtsgebäude.

Die Fotos von Jackson in seinem Schlafanzug gingen um die Welt, oft ohne Erwähnung von Jacksons Verletzung oder dem Grund, warum er ihn trug. Viele Journalisten beschuldigten Jackson, das Ganze nur vorgetäuscht zu haben, um Sympathien zu gewinnen, obwohl Sympathie das letzte Wort ist, mit dem man die Reaktion der Medien beschreiben würde.

Der Vorfall hielt die Medien nicht davon ab, die reißerischen Anschuldigungen von Gavin Arvizo am nächsten Tag um die Welt zu schicken. Einige Medien veröffentlichten die Aussage des Jungen sogar als Tatsache und nicht als Vermutung. „Er sagte, wenn Jungs es nicht tun, werden sie vielleicht zu Vergewaltigern – Krebsjunge Gavin erzählt dem Gericht vom Jacko-Sex“, schrieb der Mirror.

Aber das Kreuzverhör des Jungen war eine andere Geschichte. Über sie wurde fast gar nicht berichtet. Statt über die Lügen von Gavin Arvizo und die widersprüchlichen Anschuldigungen der beiden Brüder zu berichten, wurden die Zeitungsseiten mit bissigen Meinungsartikeln über Jacksons Pyjama gefüllt, obwohl der „Pyjama-Tag“ schon Tage zuvor war. Tausende Worte widmeten sich der Frage, ob Jackson eine Perücke trug oder nicht, und die Sun brachte sogar einen Artikel, in dem Jackson für die Accessoires angegriffen wurde, die er jeden Tag an seine Westen steckte. Es schien, als würde die Presse alles schreiben, um nicht vom Kreuzverhör berichten zu müssen, das die Argumente der Staatsanwaltschaft schwer ins Wanken brachte.

Diese Angewohnheit, reißerische Anschuldigungen zu berichten, aber das Kreuzverhör zu ignorieren, das diese Anschuldigungen entkräftete, wurde zu einem ausgeprägten Trend während Jacksons Prozess. In einem Interview mit Matt Drudge im April 2005 erklärte der Fox-Kolumnist Roger Friedman: „Was nicht berichtet wird, ist, dass das Kreuzverhör dieser Zeugen normalerweise tödlich für sie ist.“ Er fügte hinzu, dass die Medien jedes Mal, wenn jemand etwas Anzügliches oder Dramatisches über Jackson sagte, „hinausliefen, um darüber zu berichten“ und das anschließende Kreuzverhör verpassten.

Drudge stimmte zu und ergänzte: „Du hörst nicht, wie ein Zeuge nach dem anderen im Zeugenstand zusammenbricht. Es gibt, zumindest in letzter Zeit, keinen einzigen Zeugen, der nicht zugegeben hat, in früheren Verfahren entweder in diesem oder in einem anderen Fall einen Meineid geleistet zu haben.“

Dieser alarmierende Trend, das Kreuzverhör zu ignorieren, wurde vielleicht am deutlichsten in der Berichterstattung der Medien über die Aussage von Kiki Fournier. Im direkten Verhör durch die Staatsanwaltschaft sagte Fournier – eine Haushälterin in Neverland – aus, dass die Kinder in Neverland oft unruhig wurden und sie manchmal Kinder gesehen hatte, die so hyperaktiv waren, dass sie möglicherweise betrunken waren. Die Medien eilten nach draußen, um über diese vermeintliche Bombe zu berichten und verpassten dabei eine der wichtigsten Aussagen des gesamten Prozesses.

Im Kreuzverhör durch Thomas Mesereau sagte Fournier, dass während der letzten Wochen der Familie Arvizo auf Neverland – dem Zeitraum, in dem der Missbrauch angeblich stattfand – das Gästezimmer der beiden Jungen ständig unordentlich war, was sie zu der Annahme veranlasste, dass sie permanent in ihrem eigenen Zimmer schliefen – nicht in Michael Jacksons Schlafzimmer.

Sie sagte auch aus, dass Star Arvizo sie einmal in der Küche mit einem Messer bedroht und erklärte, dass sie das nicht für einen Scherz hielt, sondern dachte, dass er „versucht hatte, eine Art von Autorität auszuüben“.

In einem vernichtenden Schlag gegen die Verschwörungsanklage der Staatsanwaltschaft, die zunehmend zur Lachnummer verkam, amüsierte sich Fournier über die Vorstellung, dass irgendjemand auf der Neverland Ranch gefangen gehalten werden könnte, und sagte den Geschworenen, dass es keinen hohen Zaun um das Grundstück gab und die Familie jederzeit „mit Leichtigkeit“ hätte hinausgehen können.

Als Gavins und Stars Mutter Janet Arvizo in den Zeugenstand ging, sah man Tom Sneddon mit dem Kopf in den Händen. Sie behauptete, dass ein Video, auf dem sie und ihre Kinder Jackson loben, von einem deutschen Mann, der kaum Englisch sprach, Wort für Wort inszeniert wurde. In Outtakes war sie zu sehen, wie sie Jackson in den höchsten Tönen lobte, dann verlegen dreinschaute und fragte, ob sie gefilmt wurde. Sie sagte, dass auch dies abgesprochen war.

Sie behauptete, sie sei als Geisel auf Neverland festgehalten worden, obwohl Logbücher und Quittungen zeigten, dass sie die Ranch während ihrer „Gefangenschaft“ dreimal verlassen hatte und zurückkehrte. Es stellte sich heraus, dass gegen sie wegen Sozialhilfebetrugs ermittelt wurde und sie auch wegen der Krankheit ihres Sohnes zu Unrecht Geld erhalten hatte, indem sie Leistungen für seine Krebsbehandlung einbehielt, obwohl die Kosten bereits durch die Krankenversicherung abgedeckt waren.

Selbst die eifrigsten Befürworter der Anklage mussten zugeben, dass Janet Arvizo eine katastrophale Zeugin der Anklage war. Außer Diane Dimond, die im März 2005 Janet Arvizos Sozialhilfebetrug (sie wurde im Zuge von Jacksons Prozess verurteilt) als indirekten Beweis für Jacksons Schuld zu benutzen schien, indem sie einen Artikel in der New York Post mit dem Satz „Pädophile haben es nicht auf Kinder mit Eltern wie Ozzie und Harriet abgesehen“ abschloss.

Als die Staatsanwaltschaft sah, wie ihr Fall vor ihren Augen zerfiel, beantragte sie beim Richter die Erlaubnis, Beweise für „frühere schlechte Taten“ zuzulassen. Die Erlaubnis wurde erteilt. Die Staatsanwälte sagten den Geschworenen, dass sie Beweise von fünf früheren Opfern hören würden. Doch diese fünf früheren Fälle erwiesen sich als noch lächerlicher als die Behauptungen der Arvizos.

Eine Reihe von verärgerten Sicherheitsleuten und Hausangestellten sagten im Zeugenstand aus, dass sie Zeugen von Belästigungen geworden waren, vorrangig an drei Jungen: Wade Robson, Brett Barnes und Macaulay Culkin. Aber diese drei Jungen waren die ersten drei Zeugen der Verteidigung. Jeder von ihnen sagte aus, dass Jackson sie nie angefasst hatte und sie wehrten sich gegen die Anschuldigungen.

Außerdem stellte sich heraus, dass jeder dieser ehemaligen Angestellten von Jackson gefeuert worden war, weil er sein Eigentum gestohlen hatte, oder er einen Prozess wegen unrechtmäßiger Kündigung verloren hatte und Jackson große Geldbeträge schuldete. Sie hatten es auch versäumt, die Polizei zu informieren, als sie angeblich Zeugen der Belästigung wurden, selbst als sie im Zusammenhang mit Jordy Chandlers Anschuldigungen von 1993 befragt wurden, versuchten aber anschließend, der Presse Geschichten zu verkaufen – manchmal mit Erfolg. Je mehr Geld auf dem Tisch lag, desto anzüglicher wurden die Anschuldigungen.

Roger Friedman beklagte sich in einem Interview mit Matt Drudge darüber, dass die Medien das Kreuzverhör der Zeugen für „frühere schlechte Taten“ ignorierten, was zu einer verzerrten Berichterstattung führte. Er sagte: „Als der Donnerstag begann, war die erste Stunde mit diesem Ralph Chacon, der auf der Ranch als Wachmann gearbeitet hatte. Er erzählte die haarsträubendste Geschichte. Sie war so anschaulich. Und natürlich rannten alle nach draußen, um darüber zu berichten. Aber es gab diese zehn Minuten vor der ersten Pause am Donnerstag, als Tom Mesereau aufstand und diesen Mann ins Kreuzverhör nahm und ihn auslöschte.“

Das vierte „Opfer“, Jason Francia, trat in den Zeugenstand und behauptete, Jackson habe ihn als Kind bei drei verschiedenen Gelegenheiten belästigt. Auf die Frage nach den Einzelheiten der „Belästigung“ sagte er, Jackson habe ihn dreimal durch die Kleidung hindurch gekitzelt und er habe Jahre der Therapie gebraucht, um darüber hinwegzukommen. Die Geschworenen rollten mit den Augen, aber Reporter wie Dan Abrams lobten ihn als „überzeugend“ und sagten voraus, dass er der Zeuge sein könnte, der Jackson hinter Gitter bringt.

In den Medien wurde immer wieder behauptet, dass Francia seine Anschuldigungen bereits 1990 erhoben hatte, was die Zuschauer und Leser zu der Annahme verleitete, dass die Anschuldigungen von Jordy Chandler schon früher erhoben wurden. Tatsächlich behauptete Jason Francia zwar, dass die Belästigungen im Jahr 1990 stattfanden, aber er meldete sie erst nach dem Medienrummel um Chandlers Behauptungen. Zu diesem Zeitpunkt kassierte seine Mutter, die Neverland-Haushälterin Blanca Francia, prompt 20.000 Dollar von Hard Copy für ein Interview mit Diane Dimond und weitere 2,4 Millionen Dollar als Vergleich von Jackson.

Aus den Protokollen der polizeilichen Verhöre ging außerdem hervor, dass Francia seine Geschichte wiederholt geändert und ursprünglich darauf bestanden hatte, nie belästigt worden zu sein. Aus den Protokollen ging auch hervor, dass er erst dann sagte, er sei belästigt worden, als die Polizeibeamten während der Befragung wiederholt über das Ziel hinausgeschossen waren. Die Beamten bezeichneten Jackson wiederholt als „Belästiger“. Einmal erzählten sie dem Jungen, dass Jackson Macaulay Culkin belästigte, während sie miteinander sprachen, und behaupteten, dass sie Culkin nur retten könnten, wenn Francia ihnen erzählte, dass er von dem Star sexuell missbraucht wurde. Aus den Protokollen geht auch hervor, dass Francia zuvor über die Polizei gesagt hatte: „Sie haben mich dazu gebracht, ihnen etwas zu erzählen. Sie drängten mich immer weiter. Ich wollte ihnen auf den Kopf schlagen.“

Das fünfte „Opfer“ war Jordy Chandler, der lieber aus dem Land floh, als gegen seinen ehemaligen Freund auszusagen. Thomas Mesereau sagte später in einer Harvard-Vorlesung: „Die Staatsanwälte haben versucht, ihn dazu zu bringen, sich zu melden, aber er wollte nicht. Wenn er es getan hätte, hätte ich Zeugen gehabt, die aussagen würden, dass er ihnen gesagt hat, dass es nie passiert ist und er nie wieder mit seinen Eltern sprechen würde, weil sie ihn dazu gezwungen haben. Es stellte sich heraus, dass er vor Gericht gegangen war und sich legal von seinen Eltern emanzipiert hatte.“

Tom Meserau, Michael Jackson

June Chandler, Jordys Mutter, sagte aus, dass sie seit 11 Jahren nicht mehr mit ihrem Sohn gesprochen hatte. Als sie zu dem Fall von 1993 befragt wurde, schien sie an einem schweren Fall von selektiver Erinnerung zu leiden. Einmal behauptete sie, sie könne sich nicht daran erinnern, von Michael Jackson verklagt worden zu sein, und ein anderes Mal sagte sie, sie habe noch nie von ihrem eigenen Anwalt gehört. Sie war auch nie Zeugin einer Belästigung.

Als die Staatsanwaltschaft eine Pause einlegte, schienen die Medien das Interesse an dem Prozess zu verlieren. Die Verteidigung bekam vergleichsweise wenig Platz in den Zeitungen und Sendezeit. Der Hollywood Reporter, der fleißig über den Jackson-Prozess berichtet hatte, verpasste zwei ganze Wochen, in denen die Verteidigung ihre Argumente vortrug. Die Haltung schien so zu sein, dass – sofern die Aussagen nicht drastisch und schlüpfrig waren und damit für eine Schlagzeile gut – es nicht wert war, darüber zu berichten.

Die Verteidigung rief zahlreiche fantastische Zeugen auf: Jungen und Mädchen, die immer wieder bei Jackson übernachtet und nie ein unangemessenes Verhalten beobachtet hatten, Angestellte, die gesehen hatten, wie sich die Arvizo-Jungen in Jacksons Abwesenheit selbst mit Alkohol versorgten, und Prominente, die von der Anklägerin ebenfalls auf Almosen angesprochen worden waren. Doch nur wenige dieser Aussagen wurden an die Öffentlichkeit weitergegeben. Als Staatsanwalt Tom Sneddon den schwarzen Komiker Chris Tucker während seines Kreuzverhörs als „boy“ bezeichnete, entlockte das den Medien nicht mal ein Wimpernzucken.

Als beide Seiten die Beweisaufnahme beendeten, wurde den Geschworenen gesagt, dass sie im Falle eines begründeten Zweifels einen Freispruch erteilen müssten. Jeder, der die Verhandlung aufmerksam verfolgt hatte, konnte sehen, dass die Zweifel derart groß waren, dass es nicht mehr lustig war. Fast jeder einzelne Zeuge der Anklage leistete entweder einen Meineid oder half der Verteidigung. Es gab nicht den geringsten Beweis, der Jackson mit einem Verbrechen in Verbindung brachte, und es gab auch keinen einzigen glaubwürdigen Zeugen, der ihn mit einem Verbrechen in Verbindung brachte.

Aber das hielt Journalisten und Experten nicht davon ab, Schuldsprüche vorauszusagen, allen voran Nancy Grace von CNN. Der Strafverteidiger Robert Shapiro, der die Familie Chandler einst vertreten hatte, erklärte auf CNN mit Sicherheit: „Er wird verurteilt werden.“ Ex-Staatsanwältin Wendy Murphy sagte gegenüber Fox News: „Es steht außer Frage, dass wir hier Verurteilungen sehen werden.“

Die Hysterie der Fans vor dem Gerichtsgebäude spiegelte sich in der Hysterie der Reporter wider, die sich drinnen einen Platz gesichert hatten. Sie waren so aufgeregt, dass Richter Rodney Melville ihnen befahl, sich „zurückzuhalten“. Thomas Mesereau sagte im Nachhinein, dass die Medien „geradezu danach gelechzt haben, [Jackson] ins Gefängnis zu verfrachten“.

Als die Geschworenen 14 „nicht schuldig“-Urteile fällten, waren die Medien „gedemütigt“, sagte Mesereau in einem späteren Interview. Der Medienanalyst Tim Rutten kommentierte später: „Was passierte also, als Jackson in allen Punkten freigesprochen wurde? Rote Gesichter? Zweifel? Vielleicht ein wenig Selbstreflexion? Vielleicht ein Ausdruck des Bedauerns über das vorschnelle Urteil? Weit gefehlt. Die Reaktion war stattdessen Wut, gespickt mit Verachtung und einem verwunderten Gesichtsausdruck. Die Zielscheibe waren die Geschworenen… Die Hölle hat keine solche Wut wie ein Kabelsprecher, der zum Gespött gemacht wird.“

In einer Pressekonferenz nach dem Urteilsspruch bezeichnete Sneddon Gavin Arvizo weiterhin als „Opfer“ und sagte, er vermute, dass der „Prominentenfaktor“ das Urteil der Geschworenen beeinträchtigt habe – ein Satz, den sich viele Medienvertreter schnell zu eigen machten, um die Geschworenen und ihr Urteil zu untergraben.

Nur wenige Minuten nach der Bekanntgabe des Urteils erschien Nancy Grace im Gerichtssender CourtTV und behauptete, die Geschworenen seien von Jacksons Ruhm verführt worden und die einzige Schwachstelle der Anklage sei Janet Arvizo gewesen.

„Ich habe gerade eine Kröte zu schlucken“, sagte sie. „Es schmeckt nicht besonders gut. Aber wissen Sie was? Ich bin auch nicht überrascht. Ich dachte mir schon, dass die Berühmtheit ein solch großer Faktor ist. Wenn man denkt, dass man jemanden kennt, wenn man seine Konzerte gesehen, seine Platten gehört, die Texte gelesen hat und glaubt, sie kämen von Herzen… Jackson ist sehr charismatisch, obwohl er nie im Zeugenstand war. Das hat eine Wirkung auf die Jury.“

„Ich werde keinen Stein auf die Mutter werfen, obwohl ich denke, dass sie das schwache Glied in der Argumentation der Staatsanwaltschaft war, aber in Wirklichkeit bin ich nicht überrascht. Ich dachte, dass die Geschworenen für die Zeugen der früheren Kindesbelästigungen stimmen würden. Offenbar hat die Verteidigung sie mit dem Kreuzverhör der Mutter überwältigt. Ich denke, darauf läuft es hinaus, schlicht und einfach.“

Später erklärte Grace, Jackson sei „aufgrund seiner Berühmtheit nicht schuldig“ und wurde dabei gesehen, wie sie versuchte, den Vorsitzenden der Jury, Paul Rodriguez, dazu zu bringen, zu sagen, dass er glaube, Jackson habe Kinder belästigt. Eine von Graces Gästen, die Psychoanalytikerin Bethany Marshall, griff eine Geschworene persönlich an und sagte: „Das ist eine Frau, die kein Leben hat“.

Drüben bei Fox News bezeichnete Wendy Murphy Jackson als „Teflon-Schänder“ und sagte, die Geschworenen bräuchten IQ-Tests. Später fügte sie hinzu: „Ich glaube wirklich, dass es an der Berühmtheit liegt, nicht an den Beweisen. Ich glaube nicht, dass die Geschworenen überhaupt verstehen, wie sehr sie von Michael Jackson beeinflusst wurden… Sie haben im Grunde allen Kindern, hauptsächlich den besonders verletzlichen, die jetzt in Michael Jacksons Leben kommen werden, eine Zielscheibe auf den Rücken gemalt.“

Der Rechtsexperte Jeffrey Toobin sagte gegenüber CNN, dass er die Beweisführung für „frühere schlechte Taten“ für „effektiv“ hielt, obwohl mehrere Jungen, die im Mittelpunkt dieser Beweisführung standen, als Zeugen der Verteidigung auftraten und bestritten, jemals belästigt worden zu sein. Er behauptete auch, dass die Verteidigung gewonnen hatte, weil „sie eine Geschichte erzählen konnten und Geschworene immer eher Geschichten als einzelne Fakten verstehen“.

Nur Robert Shapiro zeigte sich angesichts der Urteile würdevoll und sagte den Zuschauern, dass sie die Entscheidung der Geschworenen akzeptieren sollten, weil die Geschworenen aus „einem sehr konservativen Teil Kaliforniens stammen und wenn sie keine Zweifel hatten, sollte auch keiner von uns Zweifel haben.“

Am nächsten Tag bestätigte Diane Sawyer in Good Morning America die Annahme, dass das Urteil durch Jacksons Berühmtheit beeinflusst wurde. „Sind Sie sicher?“, fragte sie. „Sind Sie sicher, dass dieser gigantisch berühmte Kerl, der den Raum betrat, keinerlei Einfluss hatte?“

Die Washington Post kommentierte: „Ein Freispruch macht seinen Namen nicht rein, sondern trübt nur das Wasser.“ Sowohl die New York Post als auch die New York Daily News titelten abfällig: „Boy, Oh, Boy!“

In ihrem letzten Artikel in der New York Post über den Prozess beklagte Diane Dimond den Freispruch, der Michael Jackson unantastbar machte. Sie schrieb: „Er ging als freier Mann aus dem Gerichtssaal, nicht schuldig in allen Anklagepunkten. Aber Michael Jackson ist so viel mehr als frei. Er hat jetzt einen Freibrief, sein Leben so zu leben, wie er will und mit wem er will, denn wer würde jetzt noch versuchen, Michael Jackson strafrechtlich zu verfolgen?“

In der britischen Zeitung „Sun“ hat Jane Moore, die omnipräsente Society Expertin und Tratschtante, einen Artikel mit der Überschrift „Wenn die Geschworenen der Meinung sind, dass Janet Arvizo eine schlechte Mutter ist (und das ist sie)… Wie konnten sie Jackson dann freisprechen?“, begann sie: „Michael Jackson ist unschuldig. Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan. Das möchten uns die Verrückten, die sich vor dem Gerichtsgebäude versammelt haben, weismachen.“ Sie stellte die geistige Fähigkeit der Geschworenen infrage und bezeichnete das amerikanische Rechtssystem als „unausgegoren“. „Nichts und niemand geht wirklich als Gewinner aus diesem traurigen Schlamassel hervor“, schloss sie, „am wenigsten das, was man lächerlicher Weise amerikanische ‚Justiz‘ nennt.“

Die Sun-Mitarbeiterin Ally Ross bezeichnete Jacksons Fans als „traurige, einsame Schwachköpfe“. Ein anderer Artikel in der Sun, verfasst von der Fernsehmoderatorin Lorraine Kelly, trug den Titel „Vergesst nicht die Kinder, die noch in Gefahr sind… Jacko’s eigene“, bezeichnete Jackson unverblümt als schuldigen Mann. Kelly, die nie an Jacksons Prozess teilgenommen hat, beklagte die Tatsache, dass Jackson „ungestraft davongekommen ist“, und beklagte, dass „Jackson jetzt wieder zu Hause in Neverland ist, anstatt im Gefängnis zu schmoren“. Jackson sei „ein trauriger, kranker Verlierer, der seinen Ruhm und sein Geld benutzt, um die Eltern von Kindern zu blenden, die ihm gefallen“.

Nach der anfänglichen Empörung verschwand die Michael Jackson-Geschichte aus den Schlagzeilen. Die „Nicht schuldig”-Urteile und wie sie zustande kamen, wurden kaum analysiert. Ein Freispruch wurde als weniger profitabel angesehen als eine Verurteilung.

In der Tat sagte Thomas Mesereau in späteren Jahren, dass eine Verurteilung Jacksons eine „Hinterhofindustrie“ für die Medien geschaffen hätte, die über Jahre hinweg jeden Tag eine Geschichte hervorgebracht hätte. Langwierige Geschichten wie das Sorgerecht für Jacksons Kinder, die Kontrolle über sein Finanzimperium, andere „Opfer“, die Zivilklagen einreichten, und der langwierige Berufungsprozess hätten über Monate, Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte hinweg Tausende Geschichten hervorgebracht.

Jacksons Inhaftierung hätte für einen nicht enden wollenden Vorrat an unnötigen Schlagzeilen gesorgt: Wer ist zu Besuch? Wer nicht? Ist er in Einzelhaft? Wenn nicht, wer sind seine Zellennachbarn? Was ist mit seinen Gefängniswärtern? Hat er eine Brieffreundin im Gefängnis? Können wir einen Hubschrauber über den Gefängnishof fliegen und ihn beim Training filmen? Die Möglichkeiten waren endlos. Noch bevor die Geschworenen mit ihren Beratungen begannen, tobte ein Bieterkrieg darum, wer die ersten zugespielten Bilder von Jackson in seiner Zelle bekommen würde.

Ein „Nicht schuldig“-Urteil war nicht ganz so lukrativ. In einem Interview mit Newsweek erinnerte sich CNN-Chef Jonathan Klein daran, wie er die „Nicht schuldig“-Urteile sah und zu seinen Stellvertretern sagte er dann: „Wir haben jetzt eine weniger interessante Geschichte“. Der Hollywood Reporter stellte fest, dass eilig zusammengestellte TV-Sondersendungen über Jacksons Freispruch schlecht liefen und in den Einschaltquoten von einer Wiederholung von Nanny 911 übertroffen wurden.

Die Geschichte war vorbei. Es gab keine Entschuldigungen und keine Widerrufe. Es gab keine Nachforschungen – keine Untersuchungen oder Ermittlungen. Niemand wurde für das, was Michael Jackson angetan wurde, zur Rechenschaft gezogen. Die Medien begnügten sich damit, dass die Menschen weiterhin ihre stark verzerrten und an der Grenze zur Fiktion stehenden Berichte über den Prozess glaubten. Das war’s.

Als Michael Jackson starb, überschlugen sich die Medien wieder. Welche Drogen hatten ihn getötet? Wie lange hatte er sie genommen? Wer hatte sie ihm verschrieben? Was war noch in seinem Körper? Wie viel wog er?

Aber es gab eine Frage, die niemand stellen wollte: Warum?

Warum war Michael Jackson so gestresst und paranoid, dass er nicht einmal richtig schlafen konnte, wenn ihm nicht jemand einen Schlauch mit Betäubungsmittel in den Arm steckte? Ich glaube, die Antwort findet sich in den Ergebnissen verschiedener Umfragen, die nach Michael Jacksons Prozess durchgeführt wurden.

Eine von Gallup in den Stunden nach dem Urteilsspruch durchgeführte Umfrage ergab, dass 54 % der weißen Amerikaner und 48 % der Gesamtbevölkerung mit der „Nicht schuldig“-Entscheidung der Jury nicht einverstanden waren. Die Umfrage ergab außerdem, dass 62 % der Befragten meinten, dass Jacksons Berühmtheit bei der Urteilsfindung eine Rolle spielte. 34 % sagten, sie seien „traurig“ über das Urteil und 24 % sagten, sie seien „empört“. In einer Umfrage von Fox News sagten 37 % der Abstimmenden, das Urteil sei „falsch“, während weitere 25 % meinten, „Prominente kaufen Gerechtigkeit“. Eine Umfrage von People Weekly ergab, dass 88 % der Leser mit der Entscheidung der Jury nicht einverstanden waren.

Die Medien haben ihr Publikum verarscht, und sie haben Jackson verarscht. Nachdem er sich durch einen anstrengenden und entsetzlichen Prozess gekämpft hatte, der mit abscheulichen Anschuldigungen und Rufmord gespickt war, hätte sich Michael Jackson rehabilitiert fühlen müssen, als die Geschworenen 14 einstimmige Freisprüche verkündeten. Aber die unverantwortliche Berichterstattung der Medien über den Prozess machte es Jackson unmöglich, sich jemals wirklich rehabilitiert zu fühlen. Das Rechtssystem hatte ihn zwar für unschuldig erklärt, aber die Öffentlichkeit war im Großen und Ganzen immer noch anderer Meinung. Behauptungen, die vor Gericht widerlegt wurden, blieben in der Presse unwidersprochen. Wackelige Zeugenaussagen wurden als Tatsachen dargestellt. Die Argumente der Verteidigung wurden praktisch ignoriert.

Auf die Frage nach denjenigen, die die Urteile anzweifelten, antwortete die Jury: „Sie haben nicht gesehen, was wir gesehen haben.“

Sie haben recht. Das haben wir nicht. Aber wir hätten es sollen. Und diejenigen, die sich geweigert haben, es uns zu berichten, bleiben in ihrem Job, unbehelligt, ungestraft und mit der Freiheit, genau das Gleiche, wem auch immer sie wollen anzutun.

Das nenne ich Ungerechtigkeit.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Eine der beschämendsten Episoden in der Geschichte des Journalismus”.

  1. Tja sie wollten Michael kaputt machen u immer wen sie alle dachten er liegt jetzt am Boden ko stand er wieder auf er war ein stolzer schwarzer mann was blieb übrig letzten Endes mussten sie ihn töten den sonst hätte man ihn nie besiegen können rip mike

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