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„A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.“ – Michael Jackson

Manche Dinge im Leben wollen sie einfach nicht sehen



Joie und Willa diskutieren, wie Michael Jackson mit Rassenthemen umgegangen ist und wie seine Werke Missverständnisse auslösten. Sie betonen, dass sein Werk oft missverstanden wird, aber die Komplexität und Tiefe machen es faszinierend und relevant für kommende Generationen.


Joie: In der letzten Woche haben wir eine Diskussion darüber begonnen, wie Michael Jackson mit Rassenthemen umgegangen ist und ganz besonders über seinen Kampf für Rassengleichheit in seinen Werken, und wir sprachen auch über Can You Feel It, welches das erste Video war, für das er jemals das Konzept entworfen hat. Wenn ich über all die Videos und seine Antworten auf Rassenvorurteile nachdenke, muss ich unwillkürlich durchgehend an They Don’t Care About Us denken.

Du weißt ja, sogar bevor das HIStory Album veröffentlicht wurde, bezeichneten die Kritiker diesen Song als rassistisch und antisemitisch wegen der Textzeilen „Jew me, sue me, everybody do me / Kick me, kike me, don’t you black or white me“ („Nenn mich Jude, klag mich an, jeder macht das mit mir / Tritt mich, behandele mich wie einen Juden, Mach nicht Schwarz oder Weiß aus mir“). Und Michael ging in der Tat dagegen an, denn er hatte einen Song geschrieben, der die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Lächerlichkeit von Rassismus und Vorurteilen lenkte. Er veröffentlichte sogar eine Stellungnahme, in der er sagte:

„Der Gedanke, dass diese Textzeilen als verwerflich erachtet werden, verletzt mich extrem und ist irreführend. Tatsächlich handelt der Song vom Schmerz von Vorurteilen und Hass und ist ein Weg, um Aufmerksamkeit auf soziale und politische Themen zu lenken. Ich bin die Stimme der Angeklagten und Angegriffenen. Ich bin die Stimme von jedem. Ich bin der Skinhead, ich bin der Jude, ich bin der Schwarze Mann, ich bin der Weiße Mann. Ich bin nicht derjenige, der angreift … Ich bin wütend und schockiert, dass ich so missinterpretiert werde.“

Michael Jackson – They Don’t Care About Us (Uncensored)+lyrics

Aber sogar nach seiner Erklärung wollte sich die erhitzte Debatte nicht beruhigen, sodass er schließlich zurück ins Studio ging und die Lyrics neu aufnahm. Und sogar obwohl beide Videos noch den Originaltext haben, werden die vermeintlich beleidigenden Worte durch darüber gelegte verschleiernde Töne maskiert.

Was mich fasziniert, ist, dass dies vermutlich das einzige Mal ist, dass Michael jemals angeklagt wurde, selbst ein Rassist zu sein und ich finde es irgendwie sehr seltsam, dass jemand, der sich sein ganzes Werk diesbezüglich ansieht, ihn des Antisemitismus anklagt. Ich meine, sogar Sony hat ihn seinerzeit verteidigt, und sie nannten die Lyrics brillant, sagten, der Song sei ein Widerstand gegen Rassismus und wäre aus seinem Kontext gerissen worden.

Willa: Und Sony hatte recht. Die Lyrics konfrontieren in der Tat mit Antisemitismus, sie befürworten ihn nicht, und das sollte jedem klar sein, der dem Text zuhört. Jedoch sogar Michael Jacksons Freunde Steven Spielberg und David Geffen kritisierten den Song, sagten, er wäre beleidigend.

Ich war wirklich enttäuscht, besonders wegen Spielbergs Reaktion. Als Regisseur, dessen Arbeit gelegentlich missverstanden wurde, sollte er etwas einfühlsamer sein. Dass er andeutet, Michael Jackson seit ein Antisemit wegen dieser Lyrics ist grob vereinfachend und eine schwerwiegende Missinterpretation. Es ist so, als würde man Spielberg als Nazisympathisanten bezeichnen, weil in seinem Film Schindlers Liste Nazis dargestellt sind. Spielberg verherrlicht nicht die Nazis – genau das Gegenteil ist der Fall, er kritisiert ganz offensichtlich ihre Ansichten – und das ist genau das, was Michael Jackson mit den Original-Lyrics von They Don’t Care About Us getan hat.

Joie: Du hast vollkommen recht mit Spielbergs Reaktion; man sollte ihm etwas mehr Einsicht zutrauen können, aber stattdessen sah es so aus, als würde er auf den fahrenden Zug aufspringen.

Willa: Genau so. Weißt du, Spike Lee, der die Videos für They Don’t Care About Us gedreht hat, hat in einem sehr interessanten Interview mit The Guardian über diese Kontroverse gesprochen. Er wurde eigentlich über eine andere Streitfrage befragt, und zwar über Quentin Tarantinos Nutzung von rassistische Beleidigungen in seinem Film Jackie Brown. Spike Lee sprach darüber, nannte es „übertrieben“ und wurde daraufhin rundum kritisiert, weil er Tarantino kritisiert hatte. Dann fragte The Guardian, ob er seine Kommentare bereuen würde. Hier ist ein Auszug aus dem Interview:

„Oh nein, ich bereue das überhaupt nicht. Und um es noch mal klar zu sagen, denn viele Leute haben nicht die ganze Geschichte mitbekommen … Ich habe niemals gesagt, Quentin Tarantino dürfe nicht das Wort Nigger benutzen. Meine Behauptung war, dass die Benutzung unverhältnismäßig war. Harvey Weinstein (Mitbegründer von Miramax, Financier für Jackie Brown) rief mich an und sagte, ich solle die Sache in Ruhe lassen. Und ich sagte ‚Harvey, würdest du jemals einen Film veröffentlichen, der bei so vielen Gelegenheiten das Wort Kike benutzt?’ Er räusperte sich und sagte ‚Nein’. Es ist wie ‚Oh, Kike darfst du nicht sagen, aber Nigger ist okay?’“

Er ließ die Frage im Raum stehen. Aber er ist damit noch nicht fertig.

„Und dann sagen sie natürlich ‚Aber Tarantino ist ein Künstler, er drückt sich selbst nur aus’. Okay, wenn wir über Künstler sprechen, dann lass uns über …“

Alles verlangsamte sich, als sie realisierten, was als Nächstes kommen sollte.

„… Michael Jackson reden. Denn, vergessen wir einfach mal den anderen Mist für eine Minute, in dem Song They Don’t Care About Us sagte Michael Jackson ‚Jew me, sue me, kick me, kike me’. Was passierte? Er wurde auseinandergenommen von Steven Spielberg und David Geffen, und die Platte wurde aus den Läden genommen. Also, Quentin Tarantino sagt Nigger und er ist ein Künstler, aber Michael Jackson sagt Kike und das kann der Öffentlichkeit nicht zugemutet werden?“

Michael Jackson und Spike Lee

Viele Kritiker sehen Tarantinos Filme als grenzüberschreitend zwischen hoher und populärer Kunst an, und so wird sein Werk interpretiert: Sie zollen ihm den Respekt, der eines Künstlers angemessen ist und deswegen ist es ihm erlaubt, sich gewisse Freiheiten herauszunehmen und soziale Normen herauszufordern. Aber die meisten Kritiker qualifizieren Michael Jackson „nur“ als Popmusiker ab, so wird sein Werk auf ganz andere Art interpretiert. Wenn er soziale Normen herausfordert, wird es wie beleidigender Gag gesehen. Das ist es, warum ich es so interessant und wichtig finde, dass Spike Lee sagt „Okay, wenn wir über Künstler sprechen, dann lass uns über …(lange Pause) … Michael Jackson reden.“ Die Sache trifft es genau auf den Punkt, finde ich.

Joie: Ich denke genauso; ich liebe diese Bemerkung. Aber, du weißt ja, es war nicht nur der Text des Songs, der wegen Rassismus im Kreuzfeuer stand, es war auch das Video selbst – oder ich sollte besser Videos im Plural sagen – dies war auch das erste Mal, dass Michael jemals mehr als ein Video für einen speziellen Song gemacht hat. Interessanterweise standen beide Videos im Kreuzfeuer dafür, was man rassische / politische Gründe nennen kann. Wie du schon sagtest, beide Videos wurden von Spike Lee gedreht und ich nehme an, die Brazil Version wurde zuerst gedreht, denn Michael war nicht sehr glücklich mit dem Ergebnis. Also drehten sie noch die Prison Version, die Berichten zufolge in einem realen Gefängnis mit tatsächlichen Insassen gefilmt wurde. Dies ist die offizielle Version, die ursprünglich veröffentlicht wurde, aber Kritiker und andere fanden, es wäre zu brutal. Das Video wurde in mehreren Ländern verboten. Und in den USA wurde MTV und VH1 nur erlaubt, es nach 21 Uhr zu zeigen. Also zog Michael das Video zurück und veröffentlichte stattdessen die Brazil Version.

Michael Jackson – They Don’t Care About Us (Brazil Version) (Official Video)

Die Brazil Version war problembehaftet, weil die Autoritäten in diesem Land die Befürchtung hatten, dass die Bilder der Armut in den Bezirken, in denen Michael drehen wollte, dem Tourismus schaden würde, und so klagten sie ihn an, die Armen auszubeuten. Ein Richter des Landes ordnete sogar an, dass die Filmaufnahmen gestoppt würden, aber dagegen wurde eine einstweilige Verfügung erlassen. Ich kann ihre Befürchtungen verstehen. Ich finde, dem Augenschein nach beleuchtet das Video wirklich die Armut und soziale Probleme in Ländern wie Brasilien, aber ich würde Michaels Anteil nicht als Ausbeutung bezeichnen. Ich denke, er hat nur versucht, Aufmerksamkeit auf ihre Notlage zu lenken. Aber ich bin der Meinung, dass diese Version des Videos dem Song nicht wirklich gut dient, und Michael selbst empfand das offensichtlich genauso, wenn man bedenkt, dass er noch mal neu anfing und die Prison Version drehte.

Michael Jackson – They Don’t Care About Us (Prison Version) (Official Video)

Die Prison Version bildet viel besser das ab, worum es in dem Song geht; es zeigt reales Filmmaterial von polizeilicher Brutalität gegen Afroamerikaner, wirkliche Filmaufnahmen des Ku-Klux-Klans und der Gewalt und dem Völkermord in anderen Teilen der Welt. Wir sehen auch Michael selbst hinter Gittern, mit einer Gefangenenuniform, in Handschellen und gefesselt, zusammen mit wirklichen Gefängnisinsassen – viele von ihnen Schwarze oder andere Minderheiten. Und wenn du den Songtext untersuchst, sind dies all die Themen, die Michael wirklich ansprechen will, also für mich ist die Prison Version wesentlich effektiver als die Brazil Version in der Hinsicht, dass sie das herüberbringt, worauf es Michael ankommt. Und tatsächlich, als er den Song beschreibt, sagt Michael selbst:

They Don’t Care About Us bewegt sich an der Grenze. Es ist ein Song für das Bewusstsein der Öffentlichkeit … Es ist eine Art Protestsong.“

Ich finde einfach, es ist eine Schande, dass diese Version für zu brutal gehalten wurde, denn gekoppelt mit dem Text ist es ein wirklich machtvolles Statement.

Willa: Das stimmt, es ist sehr machtvoll, und wie bei vielen von seinen späteren Werken macht es auch das Persönliche politisch. Es beginnt mit einer Gruppe von Teenager Mädchen, gefilmt durch einen Maschendrahtzaun. Es sind alles Kinder von Minderheiten, und der Zaun deutet an, dass sie in gewisser Weise eingesperrt sind – sowohl buchstäblich eingesperrt in einer Reformschule oder ähnlichem, als auch im übertragenen Sinn in einem sozialen System, das ihre Freiheit beschneidet und damit ihren Möglichkeiten Grenzen setzt.

Als die Mädchen beginnen im Sprechchor They Don’t Care About Us zu rufen, sagt eines der Mädchen „Kümmere dich nicht darum, was die Leute sagen. Wir kennen die Wahrheit.“ Für mich bezieht sich das eindeutig auf die Vorwürfe gegen ihn von 1993, also stellt er die Lyrics des Songs gegen die Art, wie er von der Polizei und den Medien behandelt wurde. Das meine ich damit, wenn ich sage, der Song sei persönlich.

Joie: Oh, es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Song sehr persönlich ist und sich offensichtlich auf die Vorkommnisse von 1993 bezieht.

Willa: Danach sieht es für mich auch aus. Aber dann „macht er das Persönliche politisch“, indem er seine eigene Situation daraus ableitet im Kontext mit anderen Szenen der Unterdrückung. Er sagt, dass die Art, wie er behandelt wird, kein einzelner Vorfall ist – es ist Teil eines größeren Musters von systematischer Unterdrückung. Und in einem Land, in dem es wahrscheinlicher ist, dass ein schwarzer Mann ins Gefängnis geht, statt aufs College, ist das ein essenzielles Thema. Warum sind all diese jungen Männer im Gefängnis? Sind es Kriminelle? Er ist fälschlich angeklagt und von der Polizei und der Presse als Krimineller gebrandmarkt worden, aber er ist unschuldig. Ist das mit anderen Schwarzen Männern genauso passiert? Wie weitreichend ist das?

Joie: Alles ausgezeichnete Fragen.

Willa: Also wie bei den jungen Mädchen hinter dem Maschendrahtzaun in der Eröffnungsszene, kann das Gefängnis genauso auf wörtliche Art und auch im übertragenen Sinn interpretiert werden – wörtlich, weil bei Weitem zu viele junge Schwarze Männer inhaftiert sind, und indirekt, weil sie gefangen sind in einer Gesellschaft, die sie als schuldig geboren betrachtet, und nicht daraufhin, wer sie sind.

Allerdings trennt er in seiner Aussage nicht klar nach Schwarz und Weiß. Die meisten der Gefängnisinsassen sind schwarz oder andere Minderheiten, aber andere sind auch Weiß. Die meisten der Wachen sind Weiß, aber einige sind auch Schwarz. Tatsächlich stößt er gegen den Schlagstock eines Wachmannes, und dieser Wachmann ist schwarz. Und während er viele Szenen von Unterdrückung und Gewalt von Weiß auf Schwarz einbezieht, gibt es ebenso Szenen von Gewalt von Schwarz gegen Schwarz, Gewalt von Asiaten gegen Asiaten, und zwei Ausschnitte eines weißen Lkw-Fahrers, der von einer Gruppe Schwarzer junger Männer während der Rodney King Tumulte geschlagen wird. Und als er die Führer im Kampf für Gerechtigkeit nennt, zählt er Franklin Delano Roosevelt ebenso auf wie Martin Luther King.

Wie in so vielen seiner Werke spricht er beim Rassenthema auf eine kraft- und bedeutungsvolle Art, aber er weigert sich, es zu einem Konflikt zwischen WIR gegen SIE zu vereinfachen, und er richtet Individuen der einen oder der anderen Seite nicht nach Merkmalen wie der Hautfarbe aus. Rassenidentität, inklusive der physischen Merkmale einer Rasse, ist ein wichtiges Element des Typs der systematischen Unterdrückung, die er anprangert – Hunderte Jahre der Ungerechtigkeit, Gewalt und Vorurteile zeigen das deutlich. Aber während er die Geschichte der Unterdrückung und Gewalt beleuchtet, zwingt er uns dies auf eine Art zu sehen, die uns selbst unwohl fühlen lässt, er besteht dennoch darauf, dass jeder für sein Verhalten oder seine Ansichten beurteilt wird und nicht für seine Rasse oder kulturelle Identität. Dies ist nicht einfach ein Schwarz-oder-Weiß-Thema.

Joie: Richtig, es ist nicht einfach ein Schwarz-oder-Weiß-Thema und während ich glaube, dass die Prison Version das bessere Video für diesen Song ist, beleuchtet die Brazil Version die Tatsache, dass es nicht streng um Rasse geht. Es geht um die universellen politischen Themen der Armut, Unterdrückung und um den Missbrauch der Menschenrechte. Und warum ist es so, dass die drei immer zusammen erscheinen?

Willa: Das ist eine interessante Frage.

Joie: Das Video wurde im Elendsviertel von Dona Marta gedreht und Berichten zufolge gab es dort über 1500 Polizisten und 50 als Security tätige örtliche Einwohner, um die gewaltige Menschenmenge unter Kontrolle zu behalten, die dort hinkam, um den Filmaufnahmen zuzusehen. Die Regierung war massiv dagegen, dass das Video dort gedreht wurde und ein Artikel in der New York Times vom Februar 1996 sagt warum:

Ungeklärtes Abwasser fließt die Berge hinunter, sendet betäubenden Gestank wie einen Fluch in die Umgebung. Drogendealer stehen an Kontrollpunkten entlang den gewundenen Straßen. Dies ist die Favela oder der Slum am Abhang, den Sänger Michael Jackson als Kulisse für sein Musikvideo They Don’t Care About Us nutzen will. Seit bekannt ist, dass die Armut hier benutzt werden soll als ein internationales Abbild städtischer Misere, hat sich eine emotionale Debatte entzündet, die die „Wundervolle Stadt“ (Marvelous City), wie Rio gern genannt wird, teilt.

Ein „internationales Abbild städtischer Misere“. Das ist ein ziemlich starker Ausdruck, aber es ist vollkommen korrekt.

Willa: Es ist vor allem auffallend, wenn man es mit der „Wundervollen Stadt“ vergleicht, die die Touristen zu sehen bekommen.

Joie: Ein „internationales Abbild städtischer Misere“ ist genau das, zu dem diese Szenen aus der Brazil Version geworden sind, indem sie einen Blick auf die Armut und Unterdrückung freigeben. Weißt du, Michael war wirklich gut darin, dir solche „Schläge ins Gesicht“ zu geben in seiner Musik, mit Songs wie Earth Song und They Don’t Care About Us, und sowohl die Brazil -, als auch die Prison Version sind „Schläge ins Gesicht“ anstatt nur musikalisch.

Willa: Das ist ein wirklich guter Punkt, Joie, denn es scheint mir, dass sowohl psychologische als auch institutionelle Unterdrückung und die vielen Formen der Vorurteile – speziell Rassenvorurteile – ein zentrales Thema quer durch Michael Jacksons Gesamtwerk darstellen. Aber er spricht es nicht immer auf dieselbe Art an. Tatsächlich nutzt er einige verschiedene Herangehensweisen.

Zuerst mal gibt es da die wirklich sexy Videos von Don’t Stop Til You Get Enough bis zu In the Closet, wo er als Sexsymbol dargestellt wird, was relativ neu und ein provokatives Konzept für einen schwarzen Entertainer war, speziell für einen Entertainer mit Cross-Over-Appeal. Es gab Sidney Poitier, aber der war immer ziemlich zugeknöpft. Ich kann ihn mir einfach nicht vorstellen, wie er sein Shirt aufreißt, so wie Michael Jackson es macht in Dirty Diana oder Come Together. In all diesen „sexy“ Videos gibt es das Rassenthema, ob er will oder nicht – obwohl ich immer das Gefühl habe, dass er genau gewusst hat, was er tat. In diesen Videos gibt es das Rassenthema, weil er der ist, der er ist und wegen der Rolle oder der Person auf der Leinwand.

Es ist bedeutungsvoll, diese Art von Videos endet abrupt nach 1993. Für mich schien er immer ein wenig zurückhaltend, sich selbst überhaupt als Sexsymbol darzustellen, obwohl er es sicherlich schrecklich gut hinbekommen hat, wenn er es denn wollte. (Ich denke an Don’t Stop Til You Get Enough in diesem Moment. Ich liebe den Song …) Aber nach 1993 begibt er sich selbst nicht mehr in diese Rolle. Die einzige mögliche Ausnahme ist You Are Not Alone, aber da ist er mit seiner Ehefrau und die Stimmung ist ganz anders, und in meinen Augen steckt dahinter ein gänzlich anderer Gedanke.

Joie: Okay, also ich muss sagen, dass ich da komplett anderer Meinung bin als du, weil für mich Blood on the Dance Floor wie ein MJ Porno oder etwas in der Art ist. Das Video macht etwas mit mir, worüber wir in diesem Blog lieber nicht sprechen sollten!

Willa: Himmel Joie, du bist unverbesserlich! Weißt du, ich kann kaum noch Rock With You anhören deinetwegen. Ich habe das Video immer geliebt, weil er da so glücklich scheint, ein ausgelassenes Kind. Dann hast du mich in die Lyrics eingeweiht, und ich werde jedes Mal rot, wenn ich es höre. Sehr gütig von dir …

Joie: Ich habe bloß angedeutet, dass die Lyrics von Rock With You eventuell nicht nur vom Tanzen handeln, das ist alles! Aber im Ernst, ich würde wirklich gern sagen, dass mein Interesse an Michael rein intellektuell ist, aber wir wissen beide, dass ich das nicht mit einem ernsten Gesicht sagen kann. Fakt ist, es gibt da ein Element in der Musik und den Short Films und den Live Performances, das einen ziemlich heißen Stoff für ein Blogthema abgeben würde, aber vielleicht wäre das nicht so angemessen. Ich werde ein gutes kleines Mädchen sein und mich benehmen.

Willa: Und ich werde nicht das aufregende Poster mit der Boa Constrictor über seiner Schulter erwähnen. Meine Güte!

Also wie dem auch sei, es gibt da diese sehr sexy Videos, die ihn als etwas völlig Neues in unserem nationalen Bewusstsein präsentieren: ein schwarzes Teen-Idol, was ziemlich drastisch ist, wenn du darüber nachdenkst, und eine riesige Herausforderung darstellt, für die Gewohnheiten und Meinungen bezüglich gemischter Partnerschaften und wie Schwarze Männer etikettiert und kategorisiert wurden in der Vergangenheit. Es gab eine Menge weißer Teenager Mädchen da draußen, die auf eine Art über Michael Jackson nachgedacht haben, die unsere Vorfahren ziemlich geschockt hätten, und ich weiß das – ich war eine von ihnen.

Dann gibt es noch den Kreis der vier Videos, die in der Innenstadt spielen: Beat It, Bad, The Way You Make Me Feel und Jam. Die „Innenstadt“ ist ein Begriff, den Wissenschaftler gern benutzen, um Bereiche einer Stadt mit niedrigem Einkommen und Einwohnern hauptsächlich Minderheiten zugehörig zu symbolisieren, ganz gleich, ob sich dieser Bereich wirklich in der Mitte einer Stadt befindet oder nicht. Manchmal ist es so, aber manchmal auch nicht. So ist es in diesen Videos so, dass die Umgebung Rasse als ein Thema bestimmt – und in der Brazil Version von They Don’t Care About Us passt das genau. Und bei den „sexy“ Videos ist das Hervorrufen und die Umgestaltung von rassischer (An-)Spannung ein subtiler, aber wichtiger Unterton, und er handhabt das auf eine sehr interessante Art.

Und schließlich gibt es die Videos, in denen Rasse ein thematisches Element ist und er drückt das Rassenthema durch die Gedanken aus, die er äußert. Manchmal geschieht das indirekt, wie wir das bei You Rock My World vor ein paar Wochen besprochen haben, und manchmal ist es offensiv wie in Can You Feel It und Black or White. Allerdings, sogar in den Fällen, in denen seine Botschaft direkt ausgedrückt wird und offensichtlich erscheint, gibt es eine Menge zu untersuchen und zu entdecken, wie wir gerade bei They Don’t Care About Us – besonders die Prison Version – gesehen haben, was es derart frustrierend gemacht hat, dass es verboten wurde.

Die Komplexität von Michael Jacksons Werk ist ein Grund, warum es manchmal so missverstanden wird, aber das ist es auch, was es so endlos faszinierend macht – und ich denke, das wird dabei helfen, dass es auch interessant und relevant für Zuhörer kommender Generationen bleibt. Sein Werk überrascht fortlaufend. Und während es manchmal trügerisch geradlinig und transparent erscheint, ist es doch niemals einfach.


Übersetzung: Lilly


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