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“A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.” – Michael Jackson

Während eines Gesprächs über Michael Jacksons Hautfarbe wird diskutiert, was es überhaupt bedeutet, „schwarz genug“ zu sein. Es wird betont, dass diese Frage nicht von anderen beantwortet werden kann, sondern vom Individuum selbst. Die Kritiker von Jackson verwenden seine Hautfarbe als Metapher, um zu behaupten, dass sein Geist nicht „schwarz genug“ sei. Letztlich sollte jeder das Recht haben, sich selbst zu definieren. Es wird auch betont, dass das Bekämpfen von rassistischen Vorurteilen ein wiederkehrendes Thema in Jacksons Kunst war.

Willa: Vor einigen Monaten haben wir die Frage aufgeworfen, „War Michael Jackson schwarz genug?“, und haben damit geendet, uns dieser Frage selbst wirklich zu stellen. Letztlich, was heißt es überhaupt „schwarz genug“ zu sein? Wie definieren wir das und was sagt diese Definition darüber aus, wie wir Rassenunterschiede wahrnehmen und interpretieren?

Joie: Nun, ich denke, während dieser Diskussion sind wir zu der Übereinstimmung gekommen, dass wir das nicht definieren können. Niemand kann wirklich sagen, ob jemand anderes schwarz oder weiß genug ist. Das ist etwas, was nur vom Individuum festgelegt werden kann und ich empfinde, dass, wenn dieser Vorwurf an Michael Jackson angepasst wird, es in Wahrheit einfach etwas Tiefliegenderes maskiert.

Willa: Absolut. Ich denke, du hast so recht, Joie. Ich denke, die Menschen, die von Michael Jackson am meisten bedroht werden und am hartnäckigsten infrage stellen, ob er schwarz genug war, sprechen in Wahrheit überhaupt nicht über seine Hautfarbe. Stattdessen nutzen sie das als Indikator für etwas anderes. Sie spekulieren über die Farbe seiner Haut, die Form seiner Nase, die Abstammung seiner Kinder, seine Beziehungen mit Frauen, seine Kleider, sein Haar, seine Penny Loafers (Anm.: Schuhe), seine gesamte öffentliche Person als äußere Manifestationen seiner Gedanken und wie er die Welt sieht.

Mit anderen Worten, sie gebrauchen seine Hautfarbe als Metapher für seinen Geist. Und was sie wirklich sagen, ist, dass sein Geist nicht schwarz genug war. Da scheint diese Forderung zu sein, dass ein „anständiger“ schwarzer Mann auch einen schwarzen Geist haben muss und Michael Jackson fordert diese Idee heraus und zieht das ganze Konzept in Zweifel. Was heißt es überhaupt einen schwarzen Geist zu haben? Was wird impliziert, wenn man ihn nach diesem Standard beurteilt, besonders, wenn viele der Wortführer, die ein Urteil über ihn abgeben, weiß sind? Und hat irgendjemand, besonders eine weiße Person, das Recht, ihre Definition von Schwarz jemand anderem aufzuzwingen?

Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass „Michael Jackson reichlich schwarz genug war“, wie du es formuliert hast. Allerdings, er bestand darauf, dass er das Recht habe für sich selbst zu definieren, was das heißt. Und in der Tat, jeder sollte dieses Recht auf Selbst-Definition haben.

Joie: Du weißt, Willa, ich hasse diese Schwarz-genug-Frage wirklich und ich finde sie ziemlich verstörend. Das wäre, wie wenn ich versuchen würde, dir zu erzählen, du wärst nicht weiß genug. Ich empfinde es einfach als irgendwie lächerlich, dass irgendwer überhaupt probieren würde, seine Vorstellungen darüber, wie eine bestimmte Rasse sich „verhalten“ sollte, anderen aufzuzwingen. Ich meine, ist das nicht mehr oder weniger die Definition einer Rassenstereotype? Und ich frage mich, wie gemischtrassige Menschen dieses Thema empfinden. Ich bin sicher, das ist etwas, worin sie in gewisser Weise viel Erfahrung haben. Weißt du, sie werden als nicht richtig schwarz gesehen, auch nicht recht als weiß und wiederum frage ich mich, wer sind wir, dass wir festlegen, ob sie schwarz oder weiß genug sind? Und warum spielt das überhaupt eine Rolle? Und manchmal denke ich über Michaels Kinder nach und wie sie sich selbst sehen und wie diese Schwarz-genug-Frage sie beeinflusst.

Willa: Das ist ein wirklich guter Punkt, Joie – und wie Dr. Louis Henry Gates Jr. in seinen PBS Studien, Faces of America, behauptete, die meisten von uns sind von gemischter Rasse, wenn man es genetisch betrachtet. Ich bin es. Du bist es. Insbesondere in den USA sind es die meisten Menschen, mit der möglichen Ausnahme von Steven Colbert. Er fing an zu lachen, als Dr. Gates ihm erzählte, die Tests, die sie durchführten, hätten gezeigt, er sei 100 % weiß, weil das perfekt zu der Rolle passen würde, die er in seiner Show mimt. Dr. Gates fand sogar raus, dass er selbst von „mehr weißer als schwarzer Abstammung“ sei – viel mehr – wenngleich er sich selbst immer noch als schwarz definiert.

Joie: Das ist sehr interessant. Und wirklich lustig über Steven Colbert!

Willa: Nicht wahr? Zum Kaputtlachen! Aber das ist nicht wirklich eine genetische Angelegenheit. Es ist eine kulturelle Angelegenheit. Ich habe darüber in letzter Zeit viel nachgedacht, spätestens seit wir uns vor einigen Wochen You Rock My World angesehen haben. Die Ideen, die dieses Video und die faszinierenden Kommentare, die darauf folgten, hervorgebracht haben, haben diese hartnäckige Kritik, dass Michael Jackson irgendwie nicht schwarz genug gewesen wäre, wieder ganz von Neuem in mein Hirn sickern lassen.

Michael Jackson – You Rock My World (Official Video)

Der zentrale Konflikt des Videos besteht zwischen Michael Jacksons Charakter und den Managern eines Clubs. Und wie Ultravioletrae hervorgehoben hat, sind alle diese Manager weiß. Da ist auch dieses wundervolle Zwischenspiel in der Mitte des Videos – gerade als die Konfrontation mit den Managern einen Höhepunkt erreicht, ist da plötzlich eine Pause in der Action, als die gewöhnlichen Leute im Club eine Art Straßenmusik machen. Wie du es beschrieben hast, Joie,

„Wir hören den Rhythmus des Besens, der über den Boden fegt und Gläser klirren, den Schuhputzkerl polieren, die High Heels klackern und die Stammgäste auf die Tische klopfen.“

Und all diese Menschen, die die Straßenmusik kreieren, sind schwarz. Wichtig ist, Michael Jacksons Charakter zieht Kraft aus dieser Straßenmusik – er drückt die Rhythmen und die Energie daraus in seine Musik und nutzt dann diesen Beat und diese Energie dazu, den weißen Managern zu trotzen. Und er kämpft hart, schleudert einen Handlanger auf den Rücken, schlägt den Anführer ins Gesicht und brennt schließlich den Club nieder.

Also wir können You Rock My World tatsächlich als stellvertretend für den Konflikt zwischen schwarzen Musikern und den Menschen betrachten, die Geld mit ihnen verdienen. Und wie Aldebaran in einem Kommentar hervorgehoben hat, hat dieser Konflikt eine lange sorgenschwere Geschichte und Michael Jackson war sich dessen sehr bewusst. Wie Aldebaran schrieb,

„in Michaels Pressekonferenz über Sony und Mottola spricht er davon, wie schwarze Künstler (wie James Brown) von der Musikindustrie ausgebeutet wurden und wie sie mittellos geendet haben, gezwungen, bis ins hohe Alter zu performen.“

Joie: Aldebaran hatte recht; Michael hat sehr öffentlich über diese schwierige Vergangenheit gesprochen. Und ich bin froh, dass du das angesprochen hast, Willa, weil ich glaube, dass Michaels Teilnahme an dieser Konferenz zweifellos beweist, welche Einstellung er hatte oder wie schwarz sein Geist war, wie du es nennst. Während dieser Konferenz hat Michael der Welt genau gesagt, wie er sich selbst sah:

„Ich kenne meine Rasse. Ich sehe einfach in den Spiegel; ich weiß, ich bin schwarz.“

Jeder denkt immer, diese Konferenz drehte sich nur um Invincible und die lausige Art, wie es von Sony promotet (oder nicht promotet) wurde. Aber in Wahrheit, war der ganze Zweck dieser Konferenz, für bessere Verträge, Tantiemen und Ausschüttung für schwarze Künstler zu kämpfen. Also, Michael hat nicht nur Rassenprobleme in seiner eigenen Kunst angesprochen, sondern ist auch eine Art Aktivist im Kampf für Rassengleichheit in der Musikindustrie insgesamt geworden. Und das war eine Sache, die sehr wichtig für ihn war, wie er in seiner Rede sagte:

„Ich möchte nur, dass ihr wisst, dass das, wofür wir kämpfen, sehr wichtig ist, denn ich bin diese Manipulation müde, wirklich müde … Sie manipulieren unsere Geschichtsbücher. Unsere Geschichtsbücher sind nicht wahr; es ist eine Lüge. Ihr müsst das wissen. All die Formen von populärer Musik, von Jazz, zu Hip-Hop, zu Bebop, zu Soul, wisst ihr, hin zum Sprechen über die verschiedenen Tänze, vom Cake Walk zum Jitter Bug, zum Charleston, zu Breakdance – das alles sind Formen von schwarzem Tanzen! Wie wären wir ohne einen Song? Wie wären wir ohne einen Tanz, Freude und Lachen und Musik? Diese Dinge sind sehr wichtig, aber wenn wir zum Buchladen um die Ecke gehen, wirst du keine einzige schwarze Person auf dem Cover sehen. Du wirst Elvis Presley sehen. Du wirst die Rolling Stones sehen. Aber wo sind die wahren Pioniere, die es begonnen haben? Otis Blackwell war ein erfolgreicher, phänomenaler Songschreiber. Er hat einige der größten Elvis-Songs überhaupt geschrieben. Und das war ein schwarzer Mann! Er starb mittellos und niemand weiß um diesen Mann. Das ist so, sie haben kein einziges Buch über ihn geschrieben, von dem ich wüsste und ich habe die Welt abgesucht.“

Michael Jackson Harlem Speech Against Racism New York, July 9, 2002

Ich habe einmal einen wirklich interessanten Blogbeitrag gelesen, der „How Michael Got Gangsta with Sony Music Over Black Music and Racism“ hieß. Es ging ganz um diese Konferenz und ich lernte einige Dinge, die ich zuvor nicht wusste, einfach aufgrund dessen, wie die Medien die Berichterstattung über die Konferenz verzerrt hatten. Sie haben die Wichtigkeit und den Ernst dieser Angelegenheit absichtlich abgeschwächt und stattdessen versucht, dass alles sich um Michael drehe, der sauer auf Sony wäre, weil sein Album sich nicht so gut gemacht hätte, aber das war es überhaupt nicht, worum es in dieser Konferenz ging; es ging darum, für Rassengleichheit zu kämpfen und Michael hat das sehr ernst genommen.

Willa: Wow, das ist so ein interessanter Beitrag, Joie. Ich wusste auch nicht viel darüber und ich denke, es zeigt, wo ihm der Sinn stand. Aber ich denke, die beste Reflexion seines Geistes ist seine Arbeit und gegen Rassenvorurteile und andere Arten von Vorurteil zu kämpfen, ist eine äußerst wichtige Sache in seiner Arbeit, obwohl oft auf subtile Weise damit umgegangen wird. Wenn wir auf die chronologische Liste aller Videos sehen, die er zu produzieren geholfen oder wofür er das Konzept entwickelt hat, so ist das Bekämpfen von rassistischen Vorurteilen ein wiederkehrender Schwerpunkt seine Karriere hindurch, von Can You Feel It, das erste auf der Liste, bis zu You Rock My World, dem letzten auf der Liste.

Joie: Du hast recht, Willa, rassistische Vorurteile zu bekämpfen, war ein wiederkehrendes Thema in seiner Arbeit und das zeigt deutlich, welch wichtige Sache das für ihn war. Und wir sehen es in Song um Song und in Video um Video.

Du hast Can You Feel It erwähnt. Weißt du, ich erinnere mich, als das Video zum ersten Mal herauskam und ich dachte, das wäre die coolste Sache! Videos waren zu dem Zeitpunkt noch sehr neu und einfach die ganze Optik dafür, mit den Spezialeffekten und allem – zu der Zeit war es tatsächlich irgendwie wegbereitend. Aber die erstaunliche Sache an diesem Video ist, dass wir wirklich zum ersten Mal, sehen, was exakt Michaels Botschaft war – LIEBE. Sein Traum war es, Menschen zu vereinen. Menschen aus allen Hintergründen, jeden Alters und – am wichtigsten – jeder Rasse. Ganz von Anfang an drehte sich offensichtlich alles um Liebe für ihn und Liebe hat keinen Raum für Rassenvorurteile. Und ich denke, das ist letztlich die Botschaft hinter diesem speziellen Song und Video.

The Jacksons – Can You Feel It

Willa: Ich stimme zu, Joie, es geht um Liebe. Das ist augenfällig in beidem, den Lyrics und dem Visuellen. Das Video endet damit, dass alle sich die Hände reichen, als sie eine neue Vision der Zukunft teilen. Und das war ein bahnbrechendes Video, sowohl in seinen Spezialeffekten, als auch in einigen Ideen, die es vorantreibt.

Zum Beispiel durch die Lyrics „sagt er uns zweimal“, dass „wir alle gleich sind/ Ja, das Blut in mir ist in dir“. Also, wie wir schon früher davon gesprochen haben, sagt er uns, dies sei keine genetische Sache – biologisch sind wir alle gleich. Stattdessen geht es um Wahrnehmung, wie er durch die visuellen Elemente des Videos betont. Er war sehr an der Beziehung zwischen Wahrnehmung und Glaube interessiert, seine ganze Karriere hindurch und, in diesem Fall, sind genetische Unterschiede, wie die Hautfarbe nicht annähernd so wichtig, wie die Art und Weise wie wir diese Unterschiede wahrnehmen und interpretieren.

Im Grunde sind wenige biologisch einfache Unterschiede, wie Hautfarbe, künstlerisch wichtige kulturelle Signifikanten geworden. Wie wir alle wissen, ist das Umgehen damit, wie wir als Menschen diese Signifikanten wahrnehmen und interpretieren, einige Jahre später ein riesiges Thema für ihn geworden, als er herausfand, dass er Vitiligo hatte. Wichtig ist, er hat über diese Ideen bereits nachgedacht, bevor er Vitiligo bekam und ich denke, das hat seine Reaktion stark beeinflusst, als seine Haut anfing, ihr Pigment zu verlieren. Und ich glaube stark, dass seine Reaktion die Art und Weise revolutioniert hat, wie besonders das weiße Amerika diese Signifikanten wahrnimmt und erfährt.

Weißt du, Lorena hat letzte Woche einen Kommentar über ihre Arbeit mit Michael Jackson Imitatoren geschrieben und ich bin fasziniert von der Forschung, die sie betreibt. Wenn ich ihre Fotografien ansehe, bin ich fasziniert davon, von welchen Signifikanten sie dachten, sie wären wichtig, sie zu kopieren, wenn man Michael Jackson darstellt und welche nicht. Wenn ich sie mir ansehe, scheinen sie nicht zu versuchen, seine äußere Erscheinung nachzumachen, wie es Prominentenimitatoren gewöhnlich tun. Stattdessen scheinen sie mehr darauf fokussiert zu sein, seine Seele zu erfassen, seinen Stil, seine Persönlichkeit, sein Dasein und das ist so interessant für mich.

Ich schätze, was ich versuche zu sagen, ist, dass, für mich, Michael Jackson schwarz war – er hat sein schwarzes Erbe vollständig angenommen, hat an vielen verschiedenen Fronten für gleiche Rechte gekämpft und er hat sich selbst immer als schwarz identifiziert – aber seine Rasse hat ihn nicht definiert. Stattdessen hat er sich selbst in einem Ausmaß definiert, das selten zuvor gesehen wurde.

Joie: Das ist so wahr, Willa. Ich liebe es, wie du das gesagt hast! Seine Rasse hat ihn nicht definiert und ich wünsche mir, jeder könnte dorthin gelangen, wo Rasse niemanden mehr von uns definiert und ich denke, mit jeder neuen Generation, gelangen wir langsam dorthin. Sehr, SEHR langsam.

Weißt du, das lässt mich an eine Zeile aus einem meiner absoluten Lieblingsfilme denken, „Rat mal, wer zum Essen kommt“, mit Sidney Poitier, Spencer Tracy und Katherine Hepburn. Sidney Poitiers Charakter streitet mit seinem Vater über seinen Wunsch, eine weiße Frau zu heiraten und sagt zu ihm: „Du denkst über dich selbst als farbiger Mann. Ich denke über mich selbst als Mann.“ Im Grunde sagt er, dass die ältere Generation ihre antiquierten Vorstellungen von Rasse loslassen muss, wenn wir jemals voranschreiten wollen. Es ist ein sehr starker Moment in dem Film und ich bin deswegen immer daran hängen geblieben. Und ich denke, dein Statement „seine Rasse hat ihn nicht definiert“ ist ebenso mächtig.

So, nächste Woche werden wir auf einige Beispiele aus Michaels Arbeit sehen, wo er das Thema Rasse und andere Vorurteile aufgreift.


Übersetzung: Biba


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