all4michael

“A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.” – Michael Jackson

„Man in the Music“ ist eine tiefgreifende Würdigung von Michael Jacksons musikalischem Genius. Mit unvergleichlicher Detailgenauigkeit beleuchtet das Buch jeden einzelnen Song des Künstlers. Es bleibt dabei vollständig professionell und ästhetisch, immer fest im Blick: Die Fähigkeiten Jacksons. Das Buch ändert grundlegend die Wahrnehmung der letzten Jahre von Jacksons Karriere, in denen er trotz gedrückter Stimmung weiterhin enorm kreativ und produktiv war.

Joie: Anfang dieses Monats passierte etwas wahrhaft Wunderbares. Ein Ereignis, auf das ich monatelang voller Spannung gewartet hatte. Das lang ersehnte Buch des Autors Joe Vogel Man in the Music: The Creative Life and Work of Michael Jackson wurde am 1. November 2011 veröffentlicht, und ich hatte das große Vergnügen, Joe im Mai für den MJFC interviewen zu dürfen. Aber sogar lange vor unserem Interview war ich so gespannt auf dieses Buch, und ich drängte richtig auf ein Interview mit ihm, denn ich wusste, es würde etwas ganz Besonderes werden.

Ich war bereits einige Zeit ein flüchtiger Fan von Joe, und ich hatte viele seiner Artikel über Michael Jackson in der Huffington Post gelesen. Was ich an der Art, wie Joe schreibt, mochte, war, dass ich bei seinen Artikeln immer das Gefühl hatte, dass er so wie ich ist – einfach ein Studierender der Popkultur, dem es passiert ist, ein Michael Jackson Fan zu sein. Seine Erkenntnisse sind wirklich erfrischend und inspirierend, und ich finde seinen Schreibstil sehr bodenständig und real, und einen seiner Artikel zu lesen, war wirklich ein Vergnügen für mich. Als ich also das erste Mal von diesem Buch hörte, war ich aus zwei Gründen riesig aufgeregt: Erstens, wie ich schon sagte, war ich ein Fan. Und zweitens, so etwas gab es noch nie zuvor. Dies ist ein Buch, dessen Zeit nicht nur gekommen ist, nein, es war LANGE überfällig! Und ich wusste, wenn irgendjemand dem Buch gerecht werden konnte, dann würde es Joe Vogel sein; also ich war extrem aufgeregt. Nachdem Joe mir das Interview für MJFC gewährt hatte, denke ich, bin ich tatsächlich so etwas wie ein Mini-Stalker geworden, habe ihn wiederholt gefragt, ob es irgendetwas gäbe, was ich oder der MJFC als Promotion für das Buch tun könne. Er könnte wahrlich ein wenig Angst vor mir haben; ich bin wie ein Man in the Music-Groupie.

Willa: Ich weiß nicht, Joie. Joe scheint mir ziemlich stabil zu sein. Ich glaube, es braucht etwas mehr als ein Man in the Music-Groupie, um ihn zu erschüttern … Aber im Ernst, ich weiß, was du meinst – Ich liebe Joes Buch genauso, besonders das Level der Details, die er darüber enthüllt, wie jeder Song auf jedem Album auf akribische Art und Weise erschaffen wurde.

Aber der Teil, den ich am meisten liebe, war gänzlich unerwartet und für mich ist das eine wundervolle Bestätigung für die Stärke von Michael Jacksons kreativem Geist: Es war der ganz andere Einblick, der einem in das kreative Leben in seinen späteren Jahren, besonders nach dem Prozess 2005, gewährt wird. Joes Buch widerspricht komplett dem üblichen Blick auf diese Zeit seines Lebens. Die Geschichte, die immer wiederholt wird, zeichnet einen Mann, der so gehetzt und erschöpft war, dass er unfähig war, an einem Ort für mehr als ein paar Wochen zu bleiben, unfähig jemandem zu vertrauen, unfähig zu arbeiten – der einfach zu sehr belästigt wurde und abgelenkt war, um kreativ zu sein.

Aber Joes Buch zeichnet ein ganz anderes Porträt dieser späteren Zeit seines Lebens. Was wir in Joes Buch sehen können, ist ein extrem talentierter, kreativer und hingebungsvoller Künstler, der zutiefst beschäftigt war mit einem Netzwerk von Künstlern in der ganzen Welt, die zusammengearbeitet haben, um außergewöhnliche Werke zu produzieren. Joe deutet in der Tat an, dass die spätere Periode wohl die produktivste seines Lebens war, sogar obwohl sehr wenige dieser Arbeiten für die Öffentlichkeit herausgegeben wurden.

Joie, ich weiß nicht, ob das Sinn ergibt oder nicht, aber diesen Teil von Joes Buch zu lesen macht mich so glücklich. Es ist, als ob mir die Last der Trauer genommen wird, von der ich nicht mal realisiert hatte, dass sie da war. Ich vermute, wir alle gehen mit Trauer unterschiedlich um, und für einige Fans hat die Verurteilung von Dr. Murray eine Art Lösung gebracht, aber das hat mir überhaupt nicht geholfen. Auf eine gewisse Art habe ich deswegen mit dem Schreiben von M Poetica angefangen, als Versuch, mit der Trauer umzugehen. Ich denke, Michael Jacksons Werk ist so unglaublich. Aber nichts, was ich bisher in den Mainstream Medien gelesen habe, kam auch nur vage in die Nähe dessen, was ich über ihn und seine Musik und seine visuelle Kunst fühle und was es für mich bedeutet. Und dieses Fehlen der Anerkennung fügt der Situation eine weitere tragische Komponente hinzu. Also fing ich an, darüber zu schreiben, wie ich die Dinge sah, und es half mir, durch die Traurigkeit des Ganzen. Aber nichts hat mir so geholfen wie der Teil „Die letzten Jahre / The Final Years“ in Joes Buch.

Für mich war Michael Jacksons Kreativität das Leitprinzip seines Lebens. Leute haben ihn wieder und wieder betrogen, aber dieser kreative Geist nie. Das war immer da für ihn, hat ihn genährt und ihm Kraft gegeben. Er hat in zahlreichen Interviews gesagt, dass er am glücklichsten war, wenn er schöpferisch tätig war und aufgetreten ist. Dass er sich im Studio oder auf der Bühne am wohlsten gefühlt habe, wenn diese kreative Energie durch ihn hindurch floss und sich durch ihn ausdrückte. Das ist es, warum mich all diese Berichte über eine zum Kreieren zu erschöpfte und abgelenkte Person so verstört haben. Aber Joes Buch gab mir die Rückversicherung, die ich benötigte, dass sogar nach dem Prozess 2005 und dem ganzen Schrecken dieser späten Jahre der kreative Geist immer noch für ihn da und stärker denn je war.

will.i.am und Michael Jackson im Studio – 2007

Joie: Der Meinung bin ich auch, Willa. Es war eine erfreuliche Überraschung zu erfahren, dass er sogar in jener Zeit immer noch so engagiert war beim schöpferischen Akt der schönen Musik. Und du hast recht, wir trauern alle auf unterschiedliche Art, so ergibt es für mich absoluten Sinn, dass dieser Abschnitt in Joes Buch eine Art Katharsis für dich ist. Ich fand es genauso beruhigend. Joe erzählt uns, dass Michael in der Zeit nicht nur guten Mutes war, er war auch entschlossen und begeistert bezüglich der Werke, die er produzierte. Ich wünschte nur, dass wir etwas von der Musik hören könnten, an der er in der Zeit arbeitete, besonders das Klassik-Album!

Willa: Oh ja. Weißt du, ich habe Gerüchte gehört, dass er ausprobierte, klassische Musik zu komponieren, aber ich hatte keine Ahnung, dass er so sehr darin engagiert war oder er ein Werk nahezu fertiggestellt hatte. Nach Joes Buch sind alle Parts für die verschiedenen Instrumente ziemlich weit ausgearbeitet – es muss nur noch eingespielt werden. Der Komponist David Michael Frank, der an dem Projekt mitgearbeitet hat, sprach mit Joe darüber:

„Ich hoffe, dass seine Familie eines Tages entscheiden wird, diese Musik zu seiner Anerkennung zu veröffentlichen und der Welt die Tiefe seiner Kunst zu zeigen. … Ich erzählte Michael, ich würde einen von Leonard Bernsteins Taktstöcken, den ich bei einer Auktion ersteigert hatte, benutzen, als wir die Aufnahmen machten. Ich wusste, das gab ihm einen großen Kick.“

Ich hoffe auch, dass sie es machen werden. Ich würde es so lieben, das zu hören. Und kannst du dir vorstellen, wie David Michael Frank das Orchester dirigiert und dabei einen von Leonard Bernsteins Taktstöcken mit einem weißen, Pailletten-besetzten Handschuh hält? Was wäre das für eine wundervolle Metapher? Und ebenso ein großartiges Bild.

Joie: Oh ja. Ich selbst bin ein Fan von klassischer Musik und ich glaube, ich würde alles darum geben, klassische Musik zu hören, die Michael komponiert hat; ich würde es so unendlich lieben!

Aber um auf das zurückzukommen, was du gesagt hast über seinen kreativen Geist: Michael selbst hat oft gesagt, dass er niemals aufgehört hat zu arbeiten; ganz egal, was in seinem Leben passierte, er hörte nie auf zu kreieren. Und ich liebe gerade diese Aussage von Aufnahme-Ingenieur Matt Forger aus Man in the Music. Er sagte:

„Michael hörte nie auf, zu kreieren. Er war kein Künstler, der sagte: ‚Oh, ich werde ein Album herausbringen, ich sollte besser anfangen, Songs zu schreiben‘. Die Songs flossen ständig aus ihm heraus, und wenn es kein Song war, dann war es ein Gedicht oder eine Idee für eine Geschichte oder ein Short Film … Es war ein ständiger kreativer Prozess“.

Also war es, als ob das Leben selbst ein ständiger kreativer Prozess für ihn war, und das finde ich faszinierend!

Willa: Absolut, und Joe betont das in seinem Buch wie in diesem Beispiel:

„Gemäß Quincy Jones „schrieb Jackson Musik wie eine Maschine“ während dieser Zeit. Er hatte mit dem Komponieren von Songs begonnen, sobald Off The Wall beendet war. Tatsächlich wurde der erste Track von Thriller ‚Wanna Be Startin‘ Somethin‘ während der Off The Wall Sessions geschrieben und aufgenommen.“

Joe hebt „während“ kursiv hervor, so als ob er es kaum glauben kann. Es ist, als wenn die Songs wie eine Lawine kommen, sodass er mit Thriller beginnt, während er noch Off the Wall aufnimmt.

Quincy Jones und Michael Jackson im Westlake Studio bei den Aufnahmen für das “Off The Wall” Album

Joie: Ich frage mich, ob das bei all den großen Künstlern so ist – ob es sich nun um Musik oder Malerei oder Dichtung oder was auch immer handelt – dass es so aus ihnen herauszufließen scheint. Ich bin von dem Gedanken fasziniert.

Aber was für mich Joes Buch so besonders macht, ist die Tatsache, dass er so hochfein ins Detail geht bei jedem einzelnen Song aus jedem Album. Er gibt sogar Informationen über so viele Songs, die nicht auf die Alben kamen. Es ist fast so, als würde er dir die Chance geben, mit ins Studio zu kommen und still daneben zu sitzen und zu beobachten, wie sich das ganze Album formt, als ob du genau da Michael bei der Arbeit zusiehst! Das ist das Gefühl, das ich jedes Mal habe, wenn ich das Buch aufschlage und darin lese. Es hat niemals ein anderes Buch gegeben wie dieses. Es ist nicht bloß eine Beurteilung von Michaels Werk; es ist eher wie ein Roman, ein Handbuch, ein historischer Text und eine kritische Beurteilung in einem. Da ist SO viel Information enthalten, einfach ein Reichtum an musikalischem Wissen und Einblick in die kreativen Gedanken und den Charakter des größten Entertainers, der je gelebt hat. Dieses Buch ist unglaublich! Und ich liebe die Tatsache, dass es niemals in diesen unangenehmen Bereich der Sensationsgier und des Boulevard-Futters abschweift, dem die meisten anderen Autoren nicht widerstehen können, sobald sie über Michael Jackson reden. Aber das macht Joe nie; er bleibt komplett professionell und dem Thema treu – welches die Untersuchung von Michaels Fertigkeiten ist.

Willa: Ich weiß, was du damit meinst, wenn du dich fühlst, als würdest du ins Studio blicken, während er arbeitet und entdecken, wie die Umgebung sich anfühlte. Ich bin nie in einem Aufnahmestudio gewesen, also war das ein völlig neues Gebiet für mich, und es war so interessant. Zum einen habe ich nie realisiert, wie viele Leute an der Herstellung eines Albums beteiligt sind. Es ist vielleicht die Vision einer einzigen Person – und Joe macht klar, dass jeder Track eines jeden Albums eine Reflexion von Michaels Jacksons eigener künstlerischer Vision ist – aber es ist wirklich eine riesige umfassende Zusammenarbeit. Und das entlarvt für mich einen weiteren Mythos als falsch, nämlich den, dass Michael Jackson die meiste Zeit seines Lebens isoliert und allein gewesen sei, abgeschnitten von der Welt um sich herum. Offensichtlich hatte der Ruhm einen riesigen Einfluss auf sein Leben, aber das schien alles abzufallen im Studio. Er hatte viele warmherzige, starke, andauernde Beziehungen zu den Leuten, mit denen er Song für Song über Jahre, ja sogar Dekaden, zusammenarbeitete.

Joie: Du hast recht, es ist eine wirkliche umfassende Zusammenarbeit, und was erstaunlich für mich war, ist, wie technisch das alles ist. Ich bin auch nie in einem Aufnahmestudio gewesen, und ich war überrascht zu erfahren, wie involviert Michael wirklich bei diesem ganzen Prozess war. Weißt du, er ging nicht nur in das Studio und sang den Text und ließ dann die anderen den Rest erledigen. Er war wirklich aktiv an dem ganzen Prozess beteiligt von Anfang bis Ende, und er wusste wirklich ganz genau, was er von jeder Person wollte, mit der gearbeitet hat und wie sich das Endprodukt anhören sollte. Hier ist ein anderes Zitat aus Man in the Music, diesmal vom Langzeitmitarbeiter Bill Bottrell. Er sagte:

„Er hat präzise musikalische Instinkte. Er hat die gesamte Aufnahme in seinem Kopf und er versucht, die Leute dazu zu bringen, es ihm zu liefern. Manchmal überraschen die Leute ihn und erweitern noch das, was er hört, aber in Wirklichkeit ist sein Job, das, was er hört, wenn er morgens aufwacht, aus den Musikern und Produzenten herauszuholen.“

Willa: Und manchmal nimmt er die Dinge selbst in die Hand. Ich erinnere mich, wie er in einem Interview erzählte, dass er eine gute Woche lang an der Basslinie von Billie Jean arbeitete. Er sagte, diese unverwechselbare Basslinie ist so wichtig für die Stimmung des Songs – es ist wie das Fundament, auf das alles andere aufbaut – also arbeitete und arbeitete er daran, um es richtig hinzubekommen.

Michael Jackson – Billie Jean (Official Video)

Joie: Ich denke auch, dass es wirklich interessant ist, dass Michael immer diese große Liebe zum Klang hatte. Er sagte viele Male, dass er es einfach liebt, neue Klänge zu entdecken und zufällige Klänge zu nehmen und sie unter das Mikroskop zu legen und zu verändern und zu zergliedern. Er hatte offenbar ein großartiges Gehör für Klänge, und Joe erzählt uns in Man in the Music, dass er sogar einen ganzen Song nur aus einzelnen Klängen geschaffen hat. Bevor ich dieses Buch gelesen hatte, habe ich nie gewusst, dass She Drives Me Wild gänzlich aus zufälligen Straßenklängen besteht! Joe erzählt uns:

„‘She Drives me Wild‘ erweiterte sein Interesse (für das Verwenden von alltäglichen Klängen, um fesselnde Musik zu kreieren). … Statt traditioneller Instrumente entwickelte Jackson einen gesamten Rhythmustrack aus Autohupen, Motoren, Sirenen, zuschlagenden Türen und anderem ‚Lärm‘ von der Straße. ‚Sogar der Bass ist eine Autohupe‘, sagt Teddy Riley.“

Michael Jackson – She Drives Me Wild (Audio)

Willa: Ist das nicht erstaunlich? Ich musste mir direkt, nachdem ich das gelesen hatte, erst einmal She Drives Me Wild anhören. Ich war auch wirklich getroffen durch den nachhaltigen Fokus auf diesen gefundenen Klängen, besonders seit Ultravioletrae über dieses Thema kürzlich einen Kommentar gepostet hat, besonders über die Verwendung von Tiergeräuschen und Industrieklängen. Sie schrieb über Unbreakable:

In vielen MJ-Songs wird das Geräusch von Luft, Wind und Atem als Schlagzeug, Geräuschkulisse oder ausdrucksstarke Vokalisierung eingesetzt. Bei der Bridge von „Unbreakable“ hören wir den künstlichen Klang des Schnappens nach Luft durch eine Sauerstoffmaske, als ob er an einem Lebenserhaltungssystem hängt. Schaurig. Und in der einleitenden Soundkulisse hören wir das Surren eines Motors, das sich im Klangraum bewegt, aber darüber liegt das Schnurren einer Katze, die ein weiteres gemeinsames Symbol in seinem Werk ist. … Dies zieht sich durch das gesamte Werk. Was ist die klangliche Botschaft?

Michael Jackson – Unbreakable (Audio)

Ich bin davon jetzt wirklich fasziniert und denke, es wäre wirklich lustig, sich dies manchmal tiefgehender zu betrachten. Wie er verschiedene gefundene Klänge über die Jahre benutzte und die unterschiedlichen Klanglangschaften, die er mit ihnen schuf, und die Gedanken und Gefühle, die er mit diesen Klängen enthüllte.

Und es war nicht nur ein vorübergehendes Interesse für ihn. Album für Album sagt er, er möchte „Klänge kreieren, die das Ohr nie zuvor gehört hat“. Ich glaube, Joe hat diesen Gedanken an drei verschiedenen Stellen von drei verschiedenen Quellen, die an drei verschiedenen Alben gearbeitet haben, zitiert. Es war wie ein Mantra für Michael Jackson, das seine gesamte Karriere lang andauerte – bis an die Grenze zu gehen und völlig neue Klänge und neue Wege, sich mit Musik zu verbinden, zu kreieren.

Joie: Weißt du, Willa, ich habe gerade ein anderes neues Buch gelesen, das kürzlich von Michaels langjährigem Freund Frank Cascio veröffentlicht wurde, und er spricht tatsächlich auch ein wenig über Michaels Besessenheit, neue Klänge zu finden. Cascio sagt, dass, als Michael an Invincible arbeitete, er den Produzenten Rodney Jerkins zwang, auf „Steine oder Spielzeug zu schlagen. Nimm einen Haufen Glas in eine Tasche, leg ein Mikrofon dazu und wirf es herum.“ Und er sagt weiter:

„Ich habe gesehen, wie Michael mit dieser Art von Klangfindung selbst herumspielt. … Einmal legten wir ein Mikrofon in eine Tasche mit Steinen, Spielzeug und einigen kleinen Metallteilen, befestigten sie an der Außenseite eines Aufnahmegerätes, das in Noppenfolie eingewickelt war, und warfen die ganze Vorrichtung die Treppe hinunter. Michael fuhr dann damit fort, all diese Klänge aus der Innenseite der Tasche zu nehmen, sie über ein Keyboard zu legen, sie zu mixen und abzustimmen. Auf Invincible kannst du diese einzigartigen Klänge bei ‚Invincible‘, ‚Heartbreaker‘, ‚Unbreakable‘ und ‚Threatened‘ hören.“

Dies ist etwas, was in Man in the Music genauso angesprochen wird, wie uns Joe erzählt, dass die „wilden abprallenden Beats und Klänge“ bei dem Song Heartbreaker einem das Gefühl geben, als wäre ein „verrückter Wissenschaftler“ im Studio losgelassen worden. Dann macht er weiter und zitiert Michael, der sagte:

„Eine Menge von Klängen auf dem Album sind keine Klänge vom Keyboard. … Wir gehen raus und stellen unsere eigenen Klänge her. Wir schlagen auf Dinge, wir klopfen auf Dinge, sodass niemand kopieren kann, was wir machen. Wir machen sie mit unseren eigenen Händen, wir finden Dinge und wir erschaffen Dinge. Und das ist das Wichtigste daran, ein Pionier zu sein. Ein Innovator zu sein.“

Michael Jackson – Heartbreaker (Audio)

Also, es war nicht ein vorübergehender Einfall von ihm; es war eher wie eine lebenslange Besessenheit von ihm. Ich glaube, dass Michael in seinem eigenen Buch Dancing The Dream darüber redet, wie er in allem Musik hört, in jedem Teil der Natur. Er schreibt:

„Die Leute fragen mich, wie ich Musik mache. Ich sage ihnen, dass ich einfach hineintrete. Es ist, als ob man in einen Fluss tritt und sich der Strömung anschließt. Jeder Augenblick im Fluss hat seinen Song. Also bleibe ich in dem Moment und höre zu. … Solange ich dem Moment zuhören kann, werde ich immer Musik haben.“

Für mich sagt dies, dass Michael die Fähigkeit hatte, Musik in absolut allem zu hören – einer Autohupe, dem Rascheln der Blätter beim Fallen, dem Klang des Windes, der durch die Bäume rauscht, sogar im Weinen eines Babys oder dem Lachen seiner Kinder. Ich wette, wenn wir ihn genau jetzt fragen könnten, würde er uns erzählen, dass es wahr ist.

Willa: Ich glaube, du hast recht, Joie, und ich denke, er versuchte sehr, dies mit uns zu teilen, sodass wir beginnen, die Musik der Welt um uns herum genauso zu hören. Sowohl in der natürlichen Welt, wie Joe es so gut in der „opulenten Produktion“ von Break of Dawn beschreibt („Es ist so natürlich und schön wie der Vogelgesang, der unaufdringlich während des Tracks auftaucht“) als auch in der menschengemachten Welt, wie wir es in der stampfenden Eröffnungstrilogie von Invincible hören.

Michael Jackson – Break of Dawn (Audio)

Joes Buch zeigt auch, dass er manchmal die gefundenen Klänge eingearbeitet hat, wie sie waren, und manchmal im Studio mit ihnen experimentiert hat, um weiter bis an die Grenze zu gehen. Michael Jackson sagt selbst:

„Ich mag es, Klänge zu nehmen und sie unter dem Mikroskop zu betrachten und einfach darüber zu reden, wie wir ihren Charakter verändern können.“

Und er brachte die Neuerungen nicht nur im Studio ein. Er dachte auch ständig darüber nach, wie er neue Technologien nutzen konnte, um seine Musik und seine Gedanken mit seinem Publikum zu teilen. In den 1980er-Jahren war diese neue Technologie MTV und das Musikvideo. In den 2000ern war es das Internet und Musik Streaming. Und gemäß Joe hatte er einen Plan ausgearbeitet, diese Technologie zu nutzen, um sein nächstes Album zu bewerben, besonders seit er nicht darauf zählen konnte, dass Sony es für ihn bewerben würde:

„Er hatte auch einen einzigartigen Plan auf Lager für die neue Musikveröffentlichung. … Seine Vision war, viele der Tracks während seiner Konzerte in London zu Ende zu stellen und sie eine nach der anderen als Single zu veröffentlichen, nicht als ganzes Album. Es war eine brillante Idee. Jackson war wie immer genauestens abgestimmt auf die Musikindustrie und fühlte, dass dies der ideale Weg war, seine Musik im Zeitalter des digitalen Downloadens zu verbreiten. Er realisierte auch, dass durch die Publicity, die durch seinen fortlaufenden Aufenthalt in der weltweit größten Arena hervorgerufen wurde, die Erwartung für jeden neuen Song gewaltig sein würde. Lieber als den Kritikern die Chance zu geben, sein neues Album als Flop abzuweisen, würde er sie austricksen, indem er Hit-Single für Hit-Single haben würde.“

Joie: Yeah, das hab’ ich gelesen und war erstaunt. Was für eine unglaubliche, brillante Idee das war! Besonders weil er zu der Zeit eine Art „Free Agent“ war, der weltweit größte Künstler ohne einen Plattenvertrag.

Willa, dieses Buch von Joe ist wirklich das größte umfassendste Werk über Michael Jackson Solokarriere, das wir je gesehen haben. Ehrlich, ich kann mir kein anderes Buch denken, das damit rivalisieren könnte. Das Einzige, das nah daran ist, ist Adrian Grants Michael Jackson: The Visual Documentary, welches viele als die Bibel bezeichnen, weil es so allumfassend ist. Aber das Buch, obwohl unglaublich, ist komplett anders als Man in the Music, denn es legt nicht den alleinigen Fokus auf Michaels Kunst oder macht nicht einmal den Versuch, auf eine reale oder bedeutungsvolle Art darauf zu schauen; es ist lediglich ein Nachschlagewerk. Dann gibt es noch Cadman und Halsteads Michael Jackson: For the Record, welches ein wundervolles Buch ist, mit einer Menge an Informationen zu Chartplatzierungen und das für jeden Song, beginnend in den frühen Tagen von Motown. Aber noch mal, es geht wirklich nicht so extrem ins Detail, wie Joe das macht. Es ist auch nur ein Nachschlagewerk, während Man in the Music so viel mehr als das ist. Tatsächlich also in Hinsicht auf einen Einblick in die Tiefe von Michaels Arbeit als erwachsenem Solokünstler – die Erschaffung jedes einzelnen Songs auf jedem einzelnen Album und die möglichen Bedeutungen dahinter – gibt es für Joes Buch nichts Gleichwertiges. Es ist einfach verblüffend. Weißt du, ich bin diesem Buch so ergeben, dass ich beabsichtige „Michael weiterzubezahlen“ dieses Jahr an Weihnachten. Jeder auf meiner Liste bekommt ein Exemplar!


Übersetzung: Lilly


Weitere Arbeiten von Willa Stillwater:

Du möchtest mehr zu dem Thema wissen? Hier kannst du dir alle Beiträge in den jeweiligen Kategorien anzeigen lassen:

, , , , , , , , , ,

Kommentare