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“A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.” – Michael Jackson


In ihrem Buch über das Dangerous Album enthüllt Dr. Susan Fast die tiefgründige Analyse von Michael Jacksons Musik. Sie erläutert, wie er Bedeutungen durch seine musikalische Kreativität und Darbietungen vermittelt hat. Das Buch erforscht auch, warum einige Kritiker dieses Album vernachlässigt haben und zeigt, warum Dangerous ein bedeutsames künstlerisches Statement ist. Es ist eine Fundgrube an Gedanken und neue Wege des Hörens und Denkens über Jacksons Musik.


Willa: Ich bin begeistert, dass sich uns diese Woche wieder einmal Dr. Susan Fast anschließt, deren neues Buch über das Dangerous Album am 25. September bei Bloomsbury Press herauskommt. Ich möchte zuallererst einmal sagen, dass ich dieses Buch jetzt zweimal gelesen habe und immer noch verblüfft bin. Zum ersten Mal liegt uns eine detaillierte, in die Tiefe gehende Analyse eines Albums von Michael Jackson vor und es ist erstaunlich – sie enthüllt, wie er durch jede Schicht seiner musikalischen Kreation und Darbietung Bedeutungen vermittelt. Manche Abschnitte habe ich zahlreiche Male gelesen, bin sie Satz für Satz mit meinen Kopfhörern auf den Ohren durchgegangen, um all die Details und Bedeutungsnuancen, die Susan ausfindig gemacht hat, erfassen zu können. Ich wurde ganz einfach umgehauen davon.

Susan, dein Buch ist solch eine Fundgrube an Gedanken, ebenso wie an neuen Wegen des Hörens und Denkens über seine Musik. Da ist so viel, über das ich mit dir sprechen möchte! Vielen Dank, dass du da bist.

Susan: Danke, dass ich wiederkommen durfte zu Dancing With the Elephant, Willa. Es ist solch ein Vergnügen, wieder mit dir Gedanken austauschen zu können. Schade, dass Joie dieses Mal nicht bei uns sein kann.

Willa: Finde ich auch. Joie startet beruflich mit etwas Neuem, was sehr aufregend ist, aber sie ist dadurch auch sehr beschäftigt.

Susan: Sehr aufregend, ich wünsche ihr viel Glück! Und danke für deine unglaublich großzügigen Kommentare zu meinem Buch und für deine Hilfsbereitschaft, während ich es geschrieben habe: Du hast die Entwürfe für jedes Kapitel gelesen (manche mehr als einmal, glaube ich) und solch wohlüberlegte Anregungen gegeben, die das Buch noch stärker gemacht haben. Und es half dabei, den Prozess des Schreibens etwas weniger einsam zu machen, was, wie du selbst sehr gut weißt, oft der Fall ist.

Willa: Oh, ich habe es in jeder Hinsicht genossen! Und ich liebe die Tatsache, dass du dich auf Dangerous konzentriert hast, dem gern sehr viel weniger Beachtung geschenkt wird als Off the Wall oder Thriller. Die meisten Kritiker scheinen zu denken, jene zwei Alben seien die Höhepunkte des künstlerischen Schaffens von Michael Jackson gewesen, und dass es ab da nur abwärtsgegangen wäre. Ich weiß nicht, wie viele Male ich das gelesen habe …

Susan: Ja, ich verweise in dem Buch auf zahlreiche Kritiker mit dieser Meinung und sie kommen weiterhin; der 35. Jahrestag der Veröffentlichung von Off the Wall ist gerade vorbei und Mark Anthony Neal schrieb einen Aufsatz, in dem es als Jacksons „Meisterleistung“ bezeichnet wurde. Es ist ein brillantes Album, aber alle Alben von Jackson sind brillant. Wenn ich länger darüber nachdenke, dann weiß ich im Grunde nicht, wie seine Alben miteinander verglichen werden können; sie sind wie Äpfel und Orangen, jedes von ihnen auf einzigartige Weise entstanden und eingerahmt. Ich denke, wir müssen wegkommen davon, sie in einer Hierarchie zu sehen, was, meiner Meinung nach, zumindest zu einem Teil auf nostalgischen Gefühlen gegenüber dem jüngeren Jackson beruht – aus vielen komplizierten Gründen.

Willa: Das ist eine wirklich gute Feststellung, Susan, und wir könnten leicht einen ganzen Post nur mit der Untersuchung dieser „komplizierten Gründe“ verbringen. Ich denke, vieles davon hat nostalgische Gründe, wie du sagst – sowohl für den jüngeren Michael Jackson als auch für unser jüngeres Selbst, für die Menschen, die wir waren, als wir zum ersten Mal diese frühen Alben gehört haben – genauso wie einen Widerwillen dagegen, ihn als erwachsenen Mann und als reifen Künstler zu sehen.

Und ein Teil davon, denke ich, ist ein tiefes Unbehagen unter Weißen gegenüber der Vorstellung des „zornigen schwarzen Mannes“ („angry black man“). Diese Vorstellung trägt eine Menge emotionalen Ballast mit sich herum, besonders in den Vereinigten Staaten, und ich denke, viele Menschen waren sehr beunruhigt bei der Vorstellung, dass der Michael Jackson mit dem süßen Gesicht, der vor unseren Augen aufwuchs – eine gefeierte Erfolgsgeschichte und ein Symbol für Integration und Rassenharmonie – zu einem „zornigen schwarzen Mann“ werden konnte.

Aber wir sehen Wutausbrüche in seinen späteren Alben. Und er spricht ganz sicher mit einer erwachsenen Stimme, wie du in deinem Buch betonst. Ich war sehr interessiert daran, dass du Dangerous als einen signifikanten Meilenstein in dieser Entwicklung siehst. Eigentlich beginnst du dein Buch mit der kühnen Behauptung, dass „Dangerous Michael Jacksons Album ist, mit dem er erwachsen geworden ist“. Ich liebe das! – zum Teil deswegen, weil es mutig der herkömmlichen Meinung, Dangerous sei nur eine weitere Stufe seines Abstiegs gewesen, widerspricht.

Susan: Die Abstiegsgeschichte ist meiner Meinung nach dermaßen unangebracht, aber wie du sagst, es hängt davon ab, wonach du suchst und welche Erfahrungen du mit Michael Jacksons Musik gemacht hast. Ich habe das Dangerous Album schon seit so langer Zeit geliebt und habe es immer für ein äußerst bedeutsames künstlerisches Statement gehalten. Dass ich nun die Gelegenheit hatte, so viel Zeit damit zu verbringen, war eine erstaunliche Erfahrung. Ich bin dankbar, dass die Herausgeber von 33 1/3 der Meinung waren, dass es ein lohnenswertes Projekt sei. Und ich bin wirklich begeistert, dass sie dieses Buch, das Einzige in der Serie über Jackson, zum 100. Band der Serie gemacht haben. Ich bin sicher, das war zum Teil Zufall, da es mit den individuellen Deadlines der Autoren zu tun hat, aber es wärmt mein Herz, zu wissen, dass solch ein wichtiger Künstler diesen bedeutenden Meilenstein besetzt.

Die Serie – jedes Buch ist einem einzelnen Album gewidmet – schreibt nicht vor, wie Aufnahmen interpretiert werden sollten, es existiert kein Schema für die Bücher – in der Tat sagen einige Bände nicht viel über einzelne Songs oder, wie sie strukturiert sind. Aber zum Teil, weil ich Musikwissenschaftlerin bin, zum Teil auch, weil es so wenig Geschriebenes über Michael Jacksons Songs gibt, wollte ich mich wirklich darauf konzentrieren, natürlich immer im Hinterkopf, dass die Art und Weise, wie Musiker Klang aufbauen, untrennbar mit dem Sozialen verbunden ist. Musikalische Klänge überschreiten nicht nur Raum und Zeit; sie kommen von irgendwoher und helfen dabei, dieses Irgendwoher zu definieren.

Willa: Ja, ich liebe die Art, wie du die „Anatomie“ seiner Songs, wie er es bei mehr als einer Gelegenheit genannt hat, untersuchst und außerdem wichtige historische Zusammenhänge zur Annäherung an Dangerous aufzeigst. Bevor du etwa einen ausführlichen Einblick in seine Songs über Leidenschaft und Verlangen gibst, nimmst du dich zuerst der „Pathologie von Jacksons Sexualität“ an, wie du es ausdrückst. Ich denke, diese Diskussion ist unglaublich wichtig, besonders weil du die erste mir bekannte Kritikerin bist, die bestätigt, was so viele Fans jahrelang gesagt haben: dass er unglaublich heiß war! Offenkundig! Und nicht nur in den 80ern, sondern während seines ganzen Lebens. Es fühlt sich für mich so befreiend an, das zu lesen. Es war wie: Ja! Endlich! Hier ist ein Kritiker, der es kapiert hat – der die auf vielen verschiedenen Ebenen die Kraft seiner Musik und seiner Performance und die bloße körperliche Präsenz versteht.

Susan: Das Leugnen von Jacksons Sexualität durch so viele Kritiker oder – noch öfter – das Abschieben seiner durch und durch gehenden sexuellen Präsenz auf eine Performance – mit anderen Worten, als aufgesetztes Verhalten, wenn er auf der Bühne war, aber nicht als „real“ (was immer das bedeutet) – ist etwas, bei dem ich mich genötigt sah, es ansprechen zu müssen, ganz besonders, weil Sex und Lust Themen sind, die auf diesem Album solch eine wichtige Rolle spielen. Die Sache, die die Kritiker übersehen, ist, dass es absolut keinen Unterschied macht, ob die Rolle, die Jackson auf der Bühne ausfüllte, auf sein Leben außerhalb der Bühne übertragbar war; Schauspielkunst ist eindrucksvoll, wir sind ergriffen durch gute Schauspieler, sie lassen uns an den Augenblick der Performance glauben und vielleicht noch lange danach. Jackson tat das.

Willa: Das ist sehr wahr. Er tat das.

Susan: Darüber hinaus erkenne ich kein problematisches Missverhältnis zwischen seinem dominierenden, aggressiven, sexy Selbst auf der Bühne und seinem ruhigen, schüchternen Selbst fernab der Bühne, in der Art und Weise, wie so viele Kritiker es tun. Es ist nur dann ein Problem, wenn wir binär denken; Michael Jackson war viel zu komplex für diese Art des Denkens.

Willa: Ja, und wie du in deinem Buch dargestellt hast, war allein dieser faszinierende Kontrast seiner kühnen Bühnenpräsenz und dem schüchternen Verhalten außerhalb der Bühne für sehr viele Frauen, mich selbst eingeschlossen, schon sehr sexy.

Es gab außerdem wichtige kulturelle und historisch begründete Motive für ihn vorsichtig dabei zu sein, wie er sich selbst fern der Bühne präsentierte, besonders im Zusammenhang mit weißen Frauen. Eleanor Bowman, die hier ebenfalls manchmal etwas beisteuert, schickte vor Kurzem einen Link über einen NPR-Beitrag über Billy Eckstine, einen der ersten schwarzen Künstler, die ein Cross-Over-Publikum erreichten. Um ehrlich zu sein, ich habe niemals von ihm gehört, aber sein Biograf Cary Ginell erzählte NPR, dass zu einer gewissen Zeit „Ecksteins Popularität mit der von Frank Sinatra konkurrierte“. Allerdings entgleiste seine Karriere über Nacht durch ein Foto im LIFE Magazine:

„Der Artikel zeigt ein Foto von Eckstine, wie er aus einem Nachtclub in New York City kommt und von weißen Teenager-Mädchen belagert wird“, sagt Ginell. „Wenn du dir das Foto ansiehst, sieht es sehr harmlos und sehr unschuldig aus. Es zeigt im Grunde das, wie Amerika sein sollte, ohne rassenbezogene Spannungen, keine Rassentrennung – einfach aufrichtige Liebe und Freude unter den Mitgliedern verschiedener Rassen. Aber Amerika war 1950 dafür nicht bereit. Das weiße Amerika wollte nicht, dass Billy Eckstine seine Töchter datet.“

Billy Eckstine: A Crooner Who Crossed Barriers

Eckstines Cross-over-Karriere endete abrupt mit diesem einen Foto: „Eckstine nahm weiter auf und trat auch weiterhin auf, aber weiße Discjockeys spielten seine Musik nicht.“ Und es ist fast so, als wäre er aus der öffentlichen Erinnerung ausradiert worden – zumindest aus der „weißen“ Erinnerung. Aber Michael Jackson war ein sehr belesener Schüler der Geschichte, besonders der Geschichte der Schwarzen, und ich bin sicher, dass ihm die Gegenreaktionen gegen öffentliche Personen vor ihm, die als zu vertraulich mit weißen Frauen wahrgenommen wurden, sehr bewusst waren – Personen wie Jack Johnson und Chuck Berry und Billy Eckstine.

Susan: Was für eine tragische Geschichte das ist. Mein alles umspannender Punkt bei Dangerous ist, dass die politisierte und sexualisierte erwachsene Rolle, die Jackson auf diesem Album und in den dazu veröffentlichten Short Films enthüllt, unglaublich bedrohlich war. Und wie du sagst, ich denke, er wusste, dass er vorsichtig sein musste angesichts der Geschichten wie der von Eckstine und vielen anderen, was der Grund dafür ist, dass diese sanfte, süße öffentliche Rolle außerhalb der Bühne so wichtig war. Gleichzeitig ging er bis an die Grenzen – traf sich zum Beispiel mit im Fokus der Öffentlichkeit stehenden weißen Frauen. Ich spreche das in dem Buch an. Lange Zeit behielt er eine sensible Balance bei, aber schließlich, als er in den späten 1980ern und frühen 1990ern begann, sich als mehr erwachsen und sexualisiert zu präsentieren, kam diese Balance aus dem Gleichgewicht. Seine Performances konnten nicht so leicht ausgeblendet werden.

Und was für mich so interessant ist, ist, dass viele Kritiker und andere ihn nicht als Erwachsenen sehen konnten, nicht sehen wollten und weiterhin nicht sehen können – nicht glauben, dass er einer ist – und ich denke, das ist einer der Gründe, warum er so oft verunglimpft und infantilisiert wird. Sieh dir nur die Boulevard-Story an, die kürzlich die Runde machte, in der ungenannte Hausangestellte, die angeblich auf Neverland gearbeitet haben, berichteten, dass sie gesehen hätten, wie er in sein Haus „pinkelte“ und ihnen gedroht habe, sie mit „Schneebällen“ aus Tierexkrementen zu bewerfen; dies ist eine sehr spezielle Art der Abwertung – einschließlich der kindlichen Ausdrucksweise, die hier benutzt wird – durch die Jackson sein Erwachsenenstatus abgesprochen wird. Wir könnten sagen, ihm werden damit noch sehr viele andere Dinge abgesprochen – Würde, die Fähigkeit ernst genommen zu werden, vielleicht seine Menschlichkeit …

Willa: Ganz meine Meinung! Es leugnet sein Menschsein in einem sehr buchstäblichen Sinn: auf den Boden zu pinkeln und mit Fäkalien zu werfen ist etwas, was ein Affe tun würde, was ein Tier tun würde, kein Mensch. Als ich diese Geschichten gehört habe, dachte ich sofort an den Refrain von Monster:

Monster
(He’s like an animal)
He’s a monster
(Just like an animal)
He’s an animal
Monster
(Er ist wie ein Tier)

Er ist ein Monster
(Genau wie ein Tier)

Er ist ein Tier

Ich denke, er hat wirklich diesen Impuls gewisser Teile der Bevölkerung, ihn als ein Monster, ein Tier, als Feindbild, als einen Anderen zu charakterisieren, verstanden und er zwang uns, das zu erkennen.

Susan: Ja, ganz sicher. Aber ich denke, der Einsatz der kindlichen Ausdrucksweise weist ganz speziell auf das Verlangen hin, ihn in die Vorpubertät, in die Kindheit zurückzustufen – auf eine böswillige Art, nicht auf die Art, die er begrüßt hätte! Eric Lott sagt in seiner aufschlussreichen Analyse für den Short Film Black or White, dass zu Beginn des Panther Dance „in diesem Moment etwas so Außergewöhnliches passierte, dass das ursprüngliche Publikum es gar nicht begreifen konnte.“

Willa: Das sehe ich auch so.

Susan: Ich auch. Elizabeth Chin hat dies aufgearbeitet, indem sie sagt, dass viele den Panther Dance „unverständlich“ auf eine Art fanden, wie es Begegnungen mit dem Unbekannten oft sind; sie benutzt Freuds Konzept des Unheimlichen, „das Wiedererkennen einer bisher unterdrückten Wahrheit“, um klarzumachen, was in diesem Moment mit so vielen Zuschauern passierte. Ich denke, das ist etwas, was über Jackson generell gesagt werden kann, besonders als er älter wurde und damit begann, sein Publikum tiefergehender durch soziale Themen zu fordern. Kritiker und Teile seines Publikums konnten das nicht erfassen, konnten nicht erkennen, was er sagte oder tat.

Willa: Das stimmt. Und das ist eine ausgezeichnete Art, vieles seines späteren Werkes zu beschreiben, nicht wahr? Dass er uns auf einer gewissen Bewusstseinsebene dazu zwang „eine unterdrückte Wahrheit“ anzuerkennen. Und der Panther Dance ist ein unglaubliches Beispiel dafür. Mehr als 20 Jahre später versuchen wir immer noch, die „Wahrheit“ dieser Performance aufzudecken – wir sind immer noch überwältigt davon und können nicht alles begreifen, um es mit ähnlichen Worten wie Lott auszudrücken.

Also Susan, als ich dein Buch las, wurde ich wiederholt umgehauen durch deine tiefgründige Analyse der „Anatomie“ oder musikalischen Struktur spezieller Songs, ebenso wie des Albums als Ganzem. Eine Sache, die sofort meine Aufmerksamkeit fesselte, ist, dass man die alles umspannende Struktur von Dangerous als ein Buch mit „Kapiteln“ oder Gruppierungen von Songs, die in Beziehung zueinander stehende Themen untersuchen, erkennen kann. Im Grunde benutzt du eine ähnliche Strukturierung in deinem Buch, also spiegelt sich Dangerous in deinem Buch, Kapitel für Kapitel.

Susan: Ja, ich höre Dangerous als ein Konzeptalbum; das Konzept ist locker, aber es ist da. Natürlich können die Songs einzeln angehört und geschätzt werden, aber ich denke, Jackson hatte etwas Größeres im Sinn, etwas Zusammenhängendes, eine alles umspannende Erzählung. Es ist eine auffallend andere Herangehensweise als diejenige, die er für Thriller oder Bad genutzt hat, welche – wenigstens so weit ich es hören kann – nicht diese Art erzählerischen Zusammenhang aufweisen. Das ist der Grund, warum wir über jedes Album einzeln nachdenken sollten, den einzelnen Umrissen, Themen, Gedanken Aufmerksamkeit widmen sollten.

Interessanterweise sagte er in seinem Interview mit Ebony im Dezember 2007 (und er sagte Ähnliches viele Male an anderen Stellen), dass das Vorgehen bei Thriller war, ein Album voller Hit-Singles zu machen. Mit seinen Worten:

Wenn du ein Album wie die Nussknacker Suite (des klassischen Komponisten Tschaikowsky) nimmst, da ist jeder Song ein Killer, jeder Einzelne. Also sagte ich zu mir selbst: ‚Warum kann es kein Pop-Album geben, wo jeder …‘ Die Leute machen normalerweise ein Album, bei dem du einen guten Song bekommst und der Rest ist wie lauter B-Seiten. Sie nennen sie ‚Album-Songs‘ – und ich sage mir dann immer ‚Warum kann nicht jeder ein Hit-Song sein? Warum kann nicht jeder Song so großartig sein, dass die Leute ihn kaufen würden, wenn du ihn als Single veröffentlichst?‘ Also habe ich immer versucht, dies anzustreben. Das ist mein Ziel für das nächste Album (Thriller).

Hier ist ein Clip dazu, das Zitat beginnt bei 3:38:

Michael Jackson Talks to Ebony Magazine

Seine Nennung von Tschaikowsky als Beispiel ist so interessant für mich: Welcher Popmusiker gestaltet kommerziellen Erfolg nach einer Aufnahme klassischer Musik?? Aber Tschaikowskys Gedanken waren nicht weit von Jacksons entfernt. Das Ballett Der Nussknacker war lang, komplex und machte die Bereitstellung einer Menge Ressourcen erforderlich. Warum nicht eine „Greatest Hits“-Suite kreieren, die als ein Konzertstück dargeboten werden könnte? Ich denke, es ist auch interessant, dass es acht Stücke in der Nussknacker Suite gibt, die meisten von ihnen ziemlich kurz – die ganze Sache ist etwa 25 Minuten lang. Ich kann nicht anders, als eine Parallele zu der Struktur von Thriller zu ziehen: Neun Songs, etwa 42 Minuten Musik.

Willa: Wow, das ist eine wirklich interessante Art, dieses Zitat zu interpretieren. (Nebenbei gesagt, hier sind YouTube Clips zur vollständigen Musik von The Nutcracker und zur Suite.)

https://www.youtube.com/watch?v=7U_gpW1J4LM
Tchaikovsky – The Nutcracker Suite, Op 71a

Weißt du, ich habe das Ballett viele Male gesehen, und gewisse Teile der Musik sind wirklich populär – es scheint, als würdest überall, wo du in der Weihnachtszeit hingehst, den Tanz der Zuckerfee im Hintergrund spielen hören und es war auch in Disneys Fantasia enthalten.

Nur zum Spaß, hier ist ebenfalls ein Link dazu:

Fantasia Faries – Dance of the Sugar Plum Fairy

Aber ich glaube nicht, dass ich die Musik zu Der Nussknacker jemals im Ganzen von Anfang an gehört habe, getrennt vom Ballett, und ich habe über die Suite niemals als von einem Album gedacht. Das ist so interessant, besonders wenn du es Seite an Seite mit Thriller stellst …

Susan: Ja, das war Tschaikowskys Ziel, als er die Suite kreierte: Er wollte, dass das Stück öfter aufgeführt würde, realisierte aber, dass es wegen seiner Länge und der Montagekosten nicht dazu kommen würde, und so stellte er zusammen, was er für die „Greatest Hits“ hielt und erschuf The Suite.

Aber zurück zu Thriller, die Länge ist durchschnittlich für ein Pop-Album, aber es ist eine kleine Anzahl von Songs, wirklich, die kleinste Anzahl auf irgendeinem seiner Alben. Und, wie wir wissen, war so gut wie jeder Song auf Thriller eine Hit-Single. Ich habe den Eindruck, dass die Leute dies als Hinweis dafür nehmen, dies wäre die Art gewesen, wie er generell über die Zusammenstellung von Alben dachte, aber ich glaube nicht, dass das wahr ist (wenn du dir das oben stehende Zitat genau ansiehst, erkennst du, dass er sich speziell auf Thriller bezieht). Thriller ist ein sehr spezieller und uncharakteristischer Fall von Gedrängtheit bei einem Künstler, der gerne expansiv sein möchte.

In einem Interview im Mai 1992 für Ebony war eine der Fragen des Interviewers, was das Konzept für Dangerous gewesen sei. Ich denke, es ist eine ziemlich erstaunliche Frage aus genau dem Grund, weil Jacksons Alben bis zu diesem Zeitpunkt nicht ausdrücklich „konzeptionell“ gewesen sind: Was hat den Interviewer zu dem Gedanken gebracht, dass es da ein Konzept gab? Die Cover-Kunst? Etwas an der Musik? Auf jeden Fall verwies Jackson wiederum auf den Nussknacker, aber hier ist sein Gedanke darüber ein ganz anderer:

Ich wollte ein Album machen, das wie Tschaikowskys Nussknacker Suite ist. So, dass in tausend Jahren ab jetzt, die Leute es immer noch anhören werden. Etwas, das für immer lebendig bleibt. Ich würde gern Kinder und Teenager und Eltern und alle Rassen auf der ganzen Welt sehen, wie sie in hunderten Jahren immer noch Songs von diesem Album auswählen und sezieren. Ich möchte, dass sie leben.

Nun, das Sezieren hat begonnen! Ich muss zugeben, dass, während ich das Interview schon einmal gelesen hatte, ich mich nicht mehr an dieses Zitat erinnern konnte, bis ich mein Buch fertig geschrieben hatte: Wie schade. Aber ich fühle mich irgendwie bestätigt, dass ich nun daran denke, dass Jackson in der Tat ein alles umspannendes Konzept für dieses Album hatte, dass er bei ihm nicht im Sinne von Hit-Singles dachte (oder nicht ausschließlich oder in erster Linie), aber im Sinne von miteinander verbundenen Songs, angelegt in einer ganz bestimmten Ordnung, die uns eine Geschichte erzählen sollen. Und eine ziemlich komplexe Geschichte außerdem, eine, deren Entschlüsselung sehr viele Analysen erfordern (der Gedanke, dass sich ein Künstler wünscht, sein Werk würde seziert werden, ist ziemlich aufregend für jemanden wie mich).

Die Art, wie ich es sehe, ist die, dass dies eine Geschichte über großartige Vorstellungen ist: Sie handelt vom Untersuchen und dem Hinterfragen der gegenwärtigen Welt mit Energie und Widerstandskraft und davon, sich selbst zu erlauben, sich in all den Verwicklungen von Liebe (und Lust!) zu verlieren, sich hoffnungsvoll zu fühlen, belebt … und dann tief, tief betrogen und verletzt zu werden, nicht nur durch die Liebe, sondern durch alles und jeden. Aus meiner Sicht hat er sich nie vollkommen erholt von diesem Gefühl des Betrogenseins auf diesem Album, obwohl er sehr viel Seelenforschung betrieben hat. Die Songs sind in Gruppen gegliedert, sodass es den Gedanken erlaubt in umfangreicher Tiefe erforscht und durch verschiedene musikalische und lyrische Linsen untersucht zu werden

Willa: Ja, das war so interessant für mich. Ich habe niemals zuvor über seine Alben auf diese Art und Weise nachgedacht – dass sie Gruppierungen von in Beziehung zueinander stehenden Songs beinhalten, wie Kapitel in einem Buch, und dass sie uns durch eine Abfolge emotionaler Erfahrungen führen, wie es durch einen Roman geschieht. Aber nun, da du diese Struktur auf Dangerous aufgezeigt hast, erkenne ich es auf HIStory und Invincible ebenso.

Invincible zum Beispiel beginnt mit drei schmerzvollen Songs über eine verhängnisvolle Beziehung mit einer gleichgültigen Frau: Sie versucht ihn zu verletzen, sie versteht ihn nicht, sie stößt ihn von sich, ohne ihm eine Chance zu geben, sich zu erklären oder sie zurückzugewinnen. Und interessanterweise spiegelt das seine Beziehung mit der Öffentlichkeit zu jener Zeit wider: Die Presse (und ebenso die Polizei) waren wirklich darauf aus, ihn zu fassen, die Leute verstanden ihn nicht und sie lehnten seine späteren Alben ab und gaben ihnen – oder ihm – keine Chance.

Diesen Songs folgt eine Serie von fünf Songs, in denen er sich Szenen aufrichtiger Liebe vorstellt – und ziemlich heiße, sexuelle Leidenschaft ebenfalls. Es ist, als würde er versuchen, die Liebe und das Begehren, die ihm in den ersten drei Songs verwehrt wurde, durch seine Vorstellungskraft heraufzubeschwören.

Susan: Ja, diese zwei Gruppen gibt es ganz sicher auf Invincible. Er schien ein Thema auf diesen späteren Alben durch mehr als einen Song untersuchen zu wollen, in unmittelbar aufeinander folgenden Stücken. Er wollte etwas aus mehr als einem Blickwinkel betrachten.

Willa: Genau.

Susan: Eine weitere erzählerische Strategie auf einem späteren Album, die mich sprachlos machte, ist seine Entscheidung, HIStory mit Smile enden zu lassen. Nach all dieser Wut und dem Hass, all diesen Kommentaren über soziale Ungerechtigkeiten, sowohl auf persönlicher, als auch auf breiterer kultureller Ebene, ausgedrückt durch einige der aggressivsten Grooves, die er je gemacht hat, endet das Album mit dieser tragischen Ballade und verweist auf das „Lächeln, auch wenn dein Herz zerbricht“ (was bei ihm der Fall gewesen sein muss); es ist sehr beeindruckend.

Willa: Das ist es wirklich, besonders, wenn du bedenkst, dass Smile von Charlie Chaplin geschrieben wurde, dessen Lebensgeschichte mit der Michael Jacksons auf signifikante Art Parallelen aufweist. Chaplin war äußerst populär in den 1920er- und 30er-Jahren, wurde aber dann fälschlicherweise angeklagt, ein außereheliches Kind gezeugt zu haben. Es gab ein sehr öffentliches Verfahren, und ein Vaterschaftstest bewies dann, dass er nicht der Vater war. Aber er wurde ohnehin für schuldig befunden, sowohl im Gericht, als auch durch die Presse, und die Öffentlichkeit wandte sich gegen ihn. Er verbrachte den Rest seines Lebens im Exil, war so etwas wie ein sozial Ausgestoßener.

Ich stelle mir vor, dass Smile in diesem Kontext auf eine sehr eindrucksvolle Art zu Michael Jackson sprach. Und da HIStory in mancher Hinsicht eine Reaktion auf die Anschuldigungen gegen ihn ist, ergibt es Sinn, dass er das Album mit Smile enden lässt. Er schloss selten Cover Songs auf seinen Alben mit ein, aber er machte eine Ausnahme für Smile – so bedeutend war es für ihn.

Susan: Genau. Die Bemerkung über die Cover Songs ist sehr bedeutend. Wie du sagst, er machte so etwas sonst nicht. Der einzige weitere Cover Song, der auf einem seiner Soloalben erschien, ist Come Together auf Bad (Eigene Anmerkung: Come Together erschien auf HIStory). Ich war von dieser Wahl immer ebenso fasziniert.

Willa: Ich auch! Er platziert Come Together außerdem an eine sehr markante Stelle am Schluss von Moonwalker, und wie Frank DiLeo gesagt hat, dieser Film war bedeutungsvoll für ihn – er steckte sehr viel Zeit und Energie hinein und sein eigenes Geld in die Herstellung. Es sieht also so aus, als würde es etwas auf sich haben mit Come Together – etwas Wichtiges. Vielleicht können wir darüber irgendwann einen Post machen und versuchen, es herauszufinden.

Susan: Großartige Idee!

Willa: Es ist also wirklich faszinierend, sich seine späteren Alben als von zusammengesetzten „Kapiteln“ von Songs anzusehen – und diese Struktur scheint bei Dangerous zu beginnen. Wie du bei den zwei Zitaten bezüglich der Nussknacker Suite herausgefunden hast (und wie interessant ist es, dass er sich zweimal darauf bezieht, auf solch unterschiedliche Arten!), scheint er diese Annäherung nicht bei seinen früheren Alben angewandt zu haben. Thriller ist eher eine Sammlung von Hit Singles, wie du sagtest. Aber bei Dangerous scheint er die Zuhörer mitzunehmen auf eine emotionale Reise, während wir uns durch das Album bewegen – was darauf hinweist, dass etwas verloren geht, wenn wir diese Songs auf unseren iPods im Shuffle-Modus hören.

Susan: Oder wir haben dadurch einfach nur eine andere Art der Erfahrung, was auch in Ordnung ist. Obwohl ich es mag, formale Strukturen zu betrachten, und ich denke, es ist interessant, das Album als ein Ganzes zu sehen. Jam zum Beispiel dient als eine Art Ouvertüre auf Dangerous („Es braucht nicht viel, um zu improvisieren.“ Und nun lass mich dir zeigen, wie es bei den nächsten dreizehn Songs aussieht). Mich machen auch strukturelle Details sprachlos, wenn wir Jackson etwa das erste Mal auf Dangerous hören, ist es durch seinen Atem – bevor er zu singen anfängt – ganz zu Beginn von Jam. Dieser aggressive Einsatz seines Atems kehrt wieder im letzten Song auf dem Album, bei Dangerous, wodurch er zum Ausgangspunkt des Albums zurückkehrt. Ich glaube nicht, dass ein Detail wie dieses zufällig ist. Wenn du seine Musik mit offenen Ohren hörst, dann beginnst du zu hören, wie komplex sie konstruiert ist, wie nuanciert.

Willa: Ja, und habe ich das Gefühl, du hast mir meine Ohren geöffnet! Da laufen Muster durch dieses ganze Album, die mir nie aufgefallen sind und über die ich nie nachgedacht habe, wie der Einsatz seines Atems oder der wiederkehrende Klang von zerbrechendem Glas oder der Sichtbarmachung des Erdballs, der wiederholt in den Videos für dieses Album auftaucht (bei Jam, Heal the World, Black or White, Will You Be There), ebenso wie er eine zentrale Position auf dem Album Cover besetzt. Und wie du in deinem Buch ausführst, scheint sich die Bedeutung dieser Muster im Verlauf des Albums zu entwickeln.

Das zerbrechende Glas beispielsweise erlangt eine neue Bedeutung, wenn du erst einmal all das zerbrechende Glas im Panther Dance von Black or White gesehen hast – es kann ganz speziell als Ausdruck von Wut über rassenbezogene Ungerechtigkeit gedeutet werden. Und wenn du diesen Zusammenhang erst einmal hergestellt hast, ist es sehr interessant zurückzugehen und auf die anderen Momente mit brechendem Glas zu lauschen und zu erkennen, wie das die Bedeutung ebenso beeinflusst. Ich denke, da ist zum Beispiel eine rassenbezogene Komponente bei In the Closet, Joie und ich diskutierten dies vor einer ganzen Zeit in einem Post, und wir hörten zerbrechendes Glas an wesentlichen Stellen in dem Song und Video. Und das Album insgesamt beginnt mit dem Geräusch von zerbrechendem Glas, was sagt uns das also über das Album, das wir da gerade hören?

Susan: In der Tat. Was? Die „nicht-musikalischen“ Klänge auf diesem Album zu berücksichtigen ist wirklich bedeutend – sie helfen dabei, die Erzählung zu formen. Der Klang zerbrechenden Glases kehrt an verschiedenen Stellen wieder, wie du sagst, und ich denke, seine Bedeutung ist vielfältig und komplex. Aber eine der Arten, wie ich den Klang in Bezug auf seinen Einsatz am Anfang des Albums interpretiere, ist die als eine Metapher für eine zerbrochene Welt.

Willa: Oh, das ergibt großen Sinn, Susan. Und es passt wirklich zu der immer wiederkehrenden Abbildung der Erdkugel, und zu dem Gefühl, dass er sich auf diesem Album auf „riesengroße Gedanken“ konzentriert, wie du vorher sagtest.

Da sind außerdem einige wiederkehrende musikalische Techniken, die du in deinem Buch herausfindest, und die ich ebenso wirklich faszinierend finde. Du stellst unter anderem fest, dass sowohl Jam, als auch In the Closet eine Bass Line im Refrain beinhalten, nicht aber in den Strophen – eine betonte Abwesenheit, wenn das Sinn ergibt. Und das erzeugt ein sehr unbehagliches Gefühl in den einzelnen Strophen, wie du feststellst – als würden wir über einem Abgrund ohne Bodenberührung baumeln. Ich liebe diesen bildhaften Vergleich, denn er beschreibt so perfekt mein Unbehagen, wenn ich Jam anhöre – etwas, was ich ziemlich intensiv spüre, worüber ich aber nie vorher nachgedacht und es auch nie zu seinen Ursprüngen zurückverfolgt habe, und ganz sicher habe ich es niemals mit dem fehlenden Bass in Verbindung gebracht. Und dieses unbehagliche Gefühl passt zu der Bedeutung der Lyrics, denn in beiden Songs wird in den Strophen ein Problem beschrieben: eine zerbrochene Welt, ein Konflikt romantischer Natur.

Der Bass erscheint dann im Refrain, was du im Buch als ein Gefühl der Rückversicherung deutest – wie Whew! Nun sind wir wieder zurück auf sicherem Boden! Und das verstärkt die Bedeutung der Lyrics ebenso, denn der Refrain schlägt eine Lösung vor. In Jam sagt er uns, dass es die Lösung für eine zerbrochene Welt ist zu „jammen“ – als Gemeinschaft zusammenzukommen und zusammen Musik zu machen, wortwörtlich und auch symbolisch. Die in den Lyrics ausgedrückten Gedanken und Gefühle werden also auf anspruchsvolle Art und Weise durch die Musik verstärkt.

Susan: Ja, die ist ein großartiges Beispiel dafür, wie musikalische Klänge auf sozialen Gedanken abgebildet werden. Welches Gefühl gibt uns das, wenn die grundlegende Bass Line fehlt? Auf welche Weise trägt der Keyboard Part, der nahezu die Stimmlinie spiegelt – aber eine Oktave höher und mit einem Timbre, das uns die Spannung spüren lässt – zu dem Gefühl der Ängstlichkeit in diesem Song bei? Nicht zu erwähnen, Jacksons brillante Stimme in den Strophen, die gehetzt klingt: Er ist ständig dem Takt voraus – absichtlich natürlich (dies konsequent durchzuhalten ist wirklich schwierig, nebenbei gesagt).

Willa: Ich liebe die Art, wie du das ausdrückst, Susan: „wie musikalische Klänge auf sozialen Gedanken abgebildet werden“. Das ist für mich wirklich die Essenz dessen, was an deinem Buch so faszinierend ist. Ich weiß nicht genug über Musik, um das allein aufzudecken – herauszubekommen, inwieweit spezifische musikalische Details sich in Bedeutungen und Emotionen umsetzen lassen. Ich höre nicht einmal viele dieser Details heraus, bis du auf sie hinweist, und dann Wow! Es ist dann, als würde ich Teile dieser Songs zum allerersten Mal hören – wie diese hohe unangenehme Keyboard-Line in Jam, die du gerade erwähnt hast. Ich höre es jetzt so deutlich, seit ich dein Buch gelesen habe, kann mich aber nicht erinnern, es jemals vorher wahrgenommen zu haben. Es eröffnet sich einem also ein völlig neuer Aspekt seiner Brillanz, der mir verschlossen bleibt, ohne Hilfe von dir oder Lisha oder von anderen Fachleuten.

Susan: Ich hoffe, dass es sinnvoll ist, über diese Dinge nachzudenken. Wenn Leute sagen, dass Jackson ein Perfektionist war, dann sind es Details wie diese, über die sie sprechen (zusammen mit seinen Lyrics und seinem Tanz – worüber etwas zu sagen mir die Fähigkeiten fehlen – etc.): Die Wahl eines bestimmten Instrumentes oder Timbre, die Platzierung der Atmung, die Entscheidung darüber, einen Song in einem bestimmten Genre anzusiedeln oder an irgendeiner Stelle einen verstörenden Klang hinzuzufügen (eines der faszinierendsten Beispiele dieses letzten Gedankens sind – für mich zumindest – die Percussion-Klänge, die man nach dem letzten Durchlauf des Refrains in They Don’t Care About Us, genau bevor die Gitarre zurückkommt – etwa bei 4:15. Es ist einfach für sich genommen klanglich interessant, aber warum die Dissonanz an der Stelle, warum das neue Timbre, das man vorher im ganzen Song nicht gehört hat?). Einige dieser Ideen kamen von seinen Produzenten, da bin ich sicher, aber er hat sie abgesegnet. Der Punkt ist, er hat den Einfluss der musikalischen Details verstanden und geschätzt. Gelinde gesagt.

Willa: Absolut. Ich habe das Gefühl, als hätten wir gerade mal etwas ausführlicher über das erste Kapitel deines Buches gesprochen – da ist so viel mehr zu diskutieren und zu untersuchen! Ich hoffe, du wirst irgendwann noch mal zu uns kommen. Es macht immer so viel Spaß, mit dir zu sprechen.

Susan: Ja … und wir haben das, was in dem ersten Kapitel steht, auf interessante Art weiter ausgebaut! Danke für die Möglichkeit, diese Gedanken mit dir zu untersuchen, ich werde gern wiederkommen.

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3 Antworten zu „Gespräch über Dangerous mit Susan Fast“

  1. Wow, danke für die Übersetzung! Es ist sooo interessant diesem Dialog zu folgen (kickt mich geradezu). Bleibt aber die Befürchtung das dieses Buch für mich in englisch eine Nummer zu groß sein wird. Ich liebe es wenn Menschen Ihre Kompetenzen nutzen um uns Michael Jacksons Werk in seiner Tiefe zu erschließen und uns damit die Möglichkeit eröffnen den eigenen Horizont zu erweitern. Ich wünschte nur das hätte en masse zu seinen Lebzeiten stattgefunden und er hätte unsere Freude und Dankbarkeit darüber spüren dürfen. Außer Armond White, der Michaels Kurzfilme im gesellschaftlichen Kontext und den Gegebenheiten zum Erscheinungsdatum sah (‘Keep Moving’), fällt mir niemand ein. Aber als Visionär wusste Michael Jackson darum wie zeitlos sein Werk ist und dass es noch Generationen etwas zu sagen haben WIRD. Ich dachte lange Talent sei etwas was ‘halt da sei’ und das man eher un-bewusst nutzt (vorausgesetzt man nutzt/entwickelt es). Bei Michael bin ich mir sicher, dass er sich nicht nur verpflichtet sah es zu entwickeln, sondern einen über-bewussten Zugang dazu hatte. Sein Perfektionismus war kein bloßer Ehrgeiz, sondern das Bestreben Überirdisches als Mensch sichtbar/hörbar/fühlbar zu machen. Er nahm den ‘Auftrag’ ein Instrument der Natur (Gottes) zu sein sehr ernst. Das war seine Erfüllung. Freude und Eskapismus waren nicht auf der Ebene bloßer kurzweiliger Alltagsflucht gedacht. Es ging um Bliss (Glückseligkeit) und Spiritualität (Verbundenheit mit allem), darum zu erkennen wie großartig jeder einzelne ist. Er war wahrlich ein Meister (und nicht nur seiner Kunst. BTW gibt es da noch den ‘American Master’ von C. Mecca, der zu seinen Lebzeiten andere Aspekte seiner Person wahrnahm). Der Mensch Michael Jackson ist genauso zeitlos/der Zeit voraus, tiefgründig und facettenreich wie sein Werk. Das er all das (dazu unter den besonderen Umständen!) lebte, birgt so viel Hoffnung in sich. Wir alle können unser eigenes Potenzial als Mensch entdecken. Es geht nicht darum der Beste in etwas zu sein und sich damit über andere zu stellen, es geht darum zu erkennen, dass wenn wir das Beste in uns ausleben, wir auch andere erheben (und die Welt zu einem besseren Ort machen). Es geht um Entwicklung UNSERES vollen menschlichen Potenzials und zwar mit Freude an dem was man tut. Und so handelte Michael. Wie viele Menschen wuchsen bei der Zusammenarbeit mit ihm über sich selbst hinaus. Wie viele waren von seiner Präsenz und ungeteilten Aufmerksamkeit berührt. Michael wusste um die Details (alles was er erschuf war bis ins Detail gestaltet). Er wusste um die vollkommene Anatomie des Menschen und wie die sich in allem wiederfinden muss um ihm Leben einzuhauchen. Er wusste wie Magie erfahrbar wird: Wenn man seine Seele an etwas bindet und seine Liebe hinein gibt. Er wusste (und lebte) Liebe IST unser kostbarstes menschliches Vermächtnis, das immer mehr wird wenn wir es teilen. Wow.

    1. Hi Sky… das Buch von Susan Fast solltest du dir vlt. doch noch zulegen. Noch mehr tiefe Einblicke in die Musik Michaels – ich liebe solche Erkenntnisse, von Menschen, die einfach andere Kompetenzen/Kenntnisse/hintergrundwissen haben – Dinge, die ich sonst nie bemerken würde. … und es ist nicht so schwer zu lesen (wie ich auch schon befürchtet habe) – nur stellenweise etwas komplex. LG <3

  2. […] with the elephant” gibt es ein Gespräch mit Susan Fast über ihr Buch zum Nachlesen. Eine deutsche Übersetzung dieses Gesprächs gibt es im Blog “all4Michael”, wo offenbar auch die Kapitel des […]