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“A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.” – Michael Jackson


Die Rede von Michael Jackson am 6. März 2001 ist eine leidenschaftliche Aufforderung, die Kindheit zu schützen und wiederherzustellen. Er spricht von der Bedeutung bedingungsloser Liebe und dem Recht jedes Kindes, geliebt, geschützt und respektiert zu werden. Jackson erzählt auch von seiner eigenen Kindheit und den Herausforderungen, die er als Kind in der Unterhaltungsindustrie hatte. Er ruft dazu auf, Vergebung und Versöhnung zu praktizieren, um eine bessere Welt für Kinder zu schaffen. Jackson schließt mit dem Wunsch nach einer symphonischen Einheit aller Herzen und dem Appell, die Welt durch Liebe und Musik zu heilen.


Michael Jackson – Oxford Speech 2001

Danke. Vielen Dank, liebe Freunde, ich danke aus tiefstem Herzen für die freundliche und warme Aufnahme. Und vielen Dank an Sie, Mr. Präsident, für Ihre freundliche Einladung an mich, der ich gerne nachgekommen bin. Ich möchte auch Shmuley meinen ganz besonderen Dank aussprechen, der hier in Oxford schon seit 11 Jahren als Rabbi tätig ist. Wir beide haben so hart gearbeitet, um „Heal the Kids“ zum Leben zu erwecken und auch an unserem Buch über „kindliche Qualitäten“ — und bei all unseren Bemühungen warst du ein sehr unterstützender und liebevoller Freund. Und ich möchte mich auch bei Toba Friedman bedanken, unserer organisatorischen Direktorin bei „Heal the Kids“, die heute Abend wieder an die Universität zurückkehrt, wo sie als Gelehrte tätig ist. Genau wie Marilyn Piels, ein weiteres wichtiges Mitglied des „Heal the Kids“-Teams.

Ich fühle mich geehrt, an einem Ort eine Rede zu halten, der zuvor von solch wichtigen Menschen wie Mutter Teresa, Albert Einstein, Ronald Reagan, Robert Kennedy und Malcolm X besucht wurde. Ich habe sogar gehört, dass Kermit der Frosch hier gewesen ist, und ich habe mich schon immer mit Kermits Botschaft verbunden gefühlt, dass es nicht einfach ist, grün zu sein. Ich bin sicher, ihm fiel es auch nicht leichter, hier oben zu stehen, als es mir jetzt fällt.

Als ich mich heute in Oxford umgeschaut habe, war ich mir der Größe und Erhabenheit dieser Einrichtung sehr bewusst, gar nicht zu reden von der Brillanz all der großartigen und begnadeten Köpfe, die seit Jahrhunderten durch diese Straßen gewandelt sind. Oxfords Wände haben nicht nur den größten Philosophen und wissenschaftlichen Genies ein Zuhause geboten, sie haben auch einige der meist geschätzten Kinderbuchautoren vorangebracht, von J. R. R. Tolkien bis zu C. S. Lewis.

Heute ist es mir gegönnt, in den Speisesaal der „Christ Church“ zu humpeln, um Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ in den Bleiglas-Fenstern verewigt zu sehen. Und sogar einer meiner amerikanischen Mitbürger, der geliebte Dr. Seuss, hat diese Hallen geehrt und hat dann seine Spuren in der Fantasie von Millionen von Kindern überall auf der Welt hinterlassen.

Ich denke, ich sollte damit beginnen, meine Qualifikationen, um heute Abend vor Ihnen sprechen zu dürfen, aufzulisten. Liebe Freunde, ich behaupte nicht, dass ich die akademische Expertise der anderen Sprecher habe, die schon in diesem Saal geredet haben. Genauso wenig wie sie wohl sagen könnten, dass sie den ‘Moonwalk’ aufführen könnten — und wissen Sie, besonders Einstein war darin wirklich schlecht! Ich kann jedoch behaupten, dass ich schon mehr Orte und Kulturen dieser Welt erlebt habe, als die meisten anderen Menschen es jemals sehen werden. Und menschliches Wissen besteht nicht nur aus Büchereien voll von Pergament und Tinte, es umfasst auch das gesamte Wissen, das in den Herzen der Menschen geschrieben steht, gemeißelt in menschliche Seele und eingraviert in die menschliche Psyche.

Und Freunde, ich habe in diesem relativ kurzen Leben schon so viel erlebt, dass ich nicht recht glauben kann, dass ich erst 42 Jahre alt bin! Ich sage oft zu Shmuley, dass ich sicher bin, dass ich, in „Seelen-Jahren“ gerechnet, mindestens 80 sein muss. Und heute Abend laufe ich ja sogar wie ein 80-Jähriger … Und so hören Sie sich bitte meine Botschaft an, denn was ich Ihnen heute Abend sagen möchte, kann der Menschheit und unserem ganzen Planeten Heilung bringen.

Durch Gottes Gnade habe ich das Glück gehabt, viele meiner künstlerischen und professionellen Bestrebungen schon in meinen frühen Lebensjahren zu erfüllen. Aber das sind Leistungen, und Leistungen allein kann man nicht damit gleichsetzen, wer ich bin. Tatsächlich konnte man dem lachenden und strahlenden 5-Jährigen, der „Rockin‘ Robin“ und „Ben“ vor bewundernden Mengen gesungen hat, überhaupt nicht ansehen, wie der Junge hinter diesem Lachen wirklich war. Und heute stehe ich vor Ihnen weniger als Pop-Ikone — was auch immer das bedeuten mag — sondern weit mehr als eine Ikone einer Generation, einer Generation, die nicht mehr weiß, was es bedeutet, Kinder zu sein. Wir alle sind das Produkt unserer Kindheit. Aber ich bin das Produkt eines Mangels an Kindheit: des Fehlens dieses wertvollen und wunderbaren Alters, in dem man übermütig, spielerisch und sorglos in der Welt herumtoben kann, sich in der Bewunderung von Eltern und Verwandten sonnen kann und in der die größte Sorge vielleicht die ist, für das Diktat am Montagmorgen zu üben.

Wem „The Jackson Five“ bekannt sind, weiß, dass ich schon im zarten Alter von fünf Jahren mit Auftritten begann und das seither immer weiter getan habe — ich habe niemals mit Singen und Tanzen aufgehört. Aber auch wenn aufzutreten und Musik zu machen zweifellos immer zu meinen größten Freuden gezählt haben, habe ich mir dennoch, als ich jung war, nichts sehnlicher gewünscht, als ein gewöhnlicher kleiner Junge zu sein. Ich wollte Baumhäuser bauen, Wasserballon-Schlachten machen und Verstecken mit meinen Freunden spielen. Aber das Schicksal wollte es anders, und alles, was ich tun konnte, war, das Lachen und Spielen, das überall um mich herum stattfand, zu beneiden. Von meinem professionellen Leben gab es keine Pause. Aber Sonntags ging ich „missionieren“ — so nennen die Zeugen Jehovas ihre Missionsarbeit. Und bei diesen Gelegenheiten konnte ich die Magie der Kindheit anderer sehen. Weil ich damals schon berühmt war, musste ich mich verkleiden. Ich zog mir ein „Fetten-Kostüm“, Perücke, Bart und Brille an, und wir verbrachten den Tag in den Vororten im südlichen Kalifornien, gingen von Tür zu Tür oder machten die Runde durch Einkaufszentren, um den „Wachturm“ zu verteilen.

Ich liebte es so sehr, in diese normalen Haushalte zu gehen, mit den zotteligen Läufern auf dem Fußboden, den Lehnstühlen, in denen Kinder „Monopoly“ spielten, wo Großmütter Babys hüteten und all diese wunderbaren, gewöhnlichen Szenen des Alltagslebens stattfanden. Ich weiß, viele würden sagen, diese Dinge seien doch nichts Besonderes. Aber für mich waren sie einfach faszinierend. Ich dachte immer, dass ich der Einzige wäre, der sich fühlte, als ob er keine Kindheit gehabt hätte. Ich glaubte, dass es wohl nur eine Handvoll Leute gibt, mit denen ich diese Gefühle teilen könnte.

Als ich kürzlich Shirley Temple Black traf, den großen Kinderstar der 30er- und 40er-Jahre, sagten wir zunächst gar nichts. Wir haben einfach miteinander geweint, weil sie einen Schmerz mit mir teilen konnte, den sonst nur enge Freunde von mir, wie Elizabeth Taylor und Macaulay Culkin kennen.

Ich erzähle Ihnen das nicht, um Ihre Sympathie zu gewinnen, sondern um auf meinen ersten wichtigen Punkt zu kommen: Es sind nicht nur Hollywood-Kinderstars, die unter einer nicht existenten Kindheit leiden. Vielmehr ist das heutzutage ein universelles Unglück, eine weltweite Katastrophe. Die Kindheit ist das große Opfer des modernen Lebens geworden.

Überall um uns herum erschaffen wir Gruppen von Kindern, die nicht die Freude, nicht das Recht und nicht die Freiheit hatten zu wissen, wie es ist, ein Kind zu sein. Heute werden Kinder konstant dazu angehalten, schneller erwachsen zu werden, so als ob diese Periode, die man Kindheit nennt, lästig ist, und man sie nur ertragen und möglichst schnell hinter sich bringen muss. Und bei dieser Thematik bin ich sicherlich einer der weltweit größten Experten.

Unsere Generation ist Zeuge der Abschaffung des „Eltern-Kind-Vertrages“ geworden. Psychologen veröffentlichen Bibliotheken von Büchern, in denen sie die destruktiven Auswirkungen beschreiben, die entstehen, wenn man seinen Kindern die bedingungslose Liebe vorenthält, die für die gesunde Entwicklung ihres Verstandes und Charakters so notwendig ist. Und wegen dieser Vernachlässigung müssen sich entschieden zu viele Kinder im Grunde „selbst erziehen“. Sie wachsen distanzierter zu ihren Eltern, Großeltern und anderen Familienmitgliedern auf, weil sich überall um uns herum das unzerstörbare Band, das einst die Generationen zusammenhielt, langsam auflöst. Diese Missachtung hat eine neue Generation hervorgebracht — nennen wir sie Generation O — die jetzt die Fackel der Generation X übernimmt. Das O steht für eine Generation, die äußerlich alles hat, Reichtum, Erfolg, ausgefallene Kleidung und tolle Autos, aber eine gähnende Leere in ihren Herzen. Dieser Hohlraum in unsere Brust, diese Leere in unserem Innersten, diese Lücke in unserer Mitte ist der Ort, an dem das Herz einst geschlagen hat und der einst mit Liebe gefüllt war. Und es sind nicht nur die Kinder, die leiden. Den Eltern geht es genauso.

Je mehr wir kleine Erwachsene in den Körpern unserer Kinder heranzüchten, umso mehr werden wir auch selbst von unseren eigenen kindlichen Qualitäten distanziert. Und dabei gibt es so vieles am Kind sein, was es wirklich wert ist, im Erwachsenenleben bestehen zu bleiben.

Die Liebe, meine Damen und Herren, ist das wertvollste Erbe der Menschheit, ihr reichstes und goldenes Vermächtnis. Und es ist ein Schatz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ältere Menschen mögen den Reichtum, den wir genießen können, nicht gehabt haben. In ihren Häusern mag es keine Elektrizität gegeben haben, und sie mussten vielleicht all ihre vielen Kinder in kleine Häuser ohne Zentralheizung quetschen. Aber in diesen Häusern gab es keine Dunkelheit, und es war dort nicht kalt. Sie wurden hell erleuchtet durch den Schein der Liebe und gemütlich angewärmt von jener Wärme des menschlichen Herzens. Eltern, unbeeinflusst von der Gier nach Reichtum und Status, machten ihre Kinder zum Mittelpunkt ihres Lebens.

Wie Sie alle wissen, sind unsere beiden Länder auseinandergebrochen aus einem Grund, den Thomas Jefferson als „bestimmte unveräußerliche Rechte“ bezeichnete. Und während wir Amerikaner und Briten vielleicht noch über die Rechtmäßigkeit seiner Behauptungen streiten, wurde dabei doch niemals darüber diskutiert, dass auch Kinder bestimmte unveräußerliche Rechte haben und die graduelle Auflösung dieser Rechte dazu geführt hat, dass weltweit Kindern die Freuden und Sicherheiten der Kindheit abgesprochen wurden.

Ich würde heute vorschlagen, dass wir in jedem Heim eine universelle „Kinderrechts-Liste“ aufhängen, die beinhaltet:

1) Das Recht, geliebt zu werden, ohne es sich verdienen zu müssen

2) Das Recht, beschützt zu werden, ohne es verdient zu haben

3) Das Recht, sich wertvoll zu fühlen, auch wenn man mit nichts in die Welt gekommen ist

4) Das Recht, dass einem zugehört wird, ohne dass das, was man sagt, interessant sein muss

5) Das Recht, eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen zu bekommen, ohne mit den Nachrichten oder Abend-Serien konkurrieren zu müssen

6) Das Recht auf Bildung, ohne dabei in der Schule Gewehrkugeln ausweichen zu müssen

7) Das Recht, als bewundernswert angesehen zu werden — auch wenn man ein Gesicht hat, das nur eine Mutter lieben kann

Liebe Freunde, die Grundlage jedes menschlichen Wissens, der Anfang des menschlichen Bewusstseins, muss sein, dass jeder einzelne von uns ein Objekt der Liebe ist!

Schon bevor man weiß, ob man nun rotes oder braunes Haar hat, bevor man weiß, ob jemand schwarz oder weiß ist, bevor man weiß, was für einer Religion er angehört, schon vor all dem muss man wissen, dass man geliebt wird.

Vor etwa 12 Jahren, als ich gerade dabei war, meine „Bad“-Tour zu starten, kam ein kleiner Junge mit seinen Eltern zu mir zu Besuch nach Kalifornien. Er war an Krebs erkrankt und er sagte mir, wie sehr er meine Musik und mich lieben würde. Seine Eltern erzählten mir, dass er nicht überleben würde, dass er jeden Tag sterben könnte. Und ich sagte zu ihm: „Schau, ich werde in 3 Monaten in deine Heimatstadt in Kansas kommen, um dort meine Tour zu eröffnen. Ich will, dass du zu der Show kommst! Ich werde dir diese Jacke von mir schenken, die ich in einem meiner Videos getragen habe.“ Seine Augen leuchteten auf und er fragte: „Du möchtest mir das schenken?!“ Ich sagte: „Ja, aber du musst mir versprechen, dass du sie während der Show tragen wirst.“ Ich wollte, dass er durchhält. Ich sagte: „Wenn du zu meiner Show kommst, will ich dich in dieser Jacke und diesem Handschuh sehen“, und ich gab ihm einen meiner mit Kristallen besetzten Handschuhe — und normalerweise gebe ich solche Handschuhe niemals weg.

Und er war wie im Himmel. Aber vielleicht war er dem Himmel wirklich schon zu nahe, denn als ich in seine Stadt kam, war er bereits gestorben, und sie hatten ihn in der Jacke und dem Handschuh begraben. Er war erst zehn Jahre alt. Gott weiß und ich weiß, dass er sein Bestes gab, um durchzuhalten. Aber wenigstens wusste er, als er starb, dass er geliebt wurde, und zwar nicht nur von seinen Eltern, sondern auch von mir, einem „nahen Fremden“ — ich liebte ihn auch. Und mit all dieser Liebe wusste er, dass er nicht allein in diese Welt gekommen war, und sicherlich verließ er sie auch nicht einsam.

Wenn man diese Welt in dem Wissen betritt, geliebt zu sein und sie auch mit diesem Wissen wieder verlässt, dann kann man auch mit allem, was dazwischen liegt, umgehen.

Ein Professor mag Sie erniedrigen, aber Sie werden sich nicht erniedrigt fühlen, Ihr Chef mag Sie unterdrücken wollen, aber Sie werden nicht wirklich unterdrückt sein, ein körperlicher Gegner mag Sie bezwingen, aber dennoch werden Sie triumphieren. Wie könnte einer von ihnen wirklich die Oberhand gewinnen und Sie unterkriegen? Wenn Sie doch wissen, dass Sie jemand sind, der es wert ist, geliebt zu werden. Der Rest ist doch nur Verpackung. Aber wenn man dieses Wissen, geliebt zu werden, nicht hat, ist man verdammt, in der Welt nach etwas zu suchen, um sich selbst damit aus- und aufzufüllen. Doch es ist egal, wie viel Geld man macht oder wie berühmt man wird, man wird sich stets leer fühlen. Das, wonach man eigentlich sucht, ist diese unbedingte Liebe, Akzeptanz ohne Voraussetzungen. Eben das, was einem bei seiner Geburt aberkannt worden ist.

Lassen Sie mich ein Bild für Sie skizzieren. Das ist ein typischer Tag in Amerika: sechs junge Menschen unter 20 werden Selbstmord begehen, zwölf Kinder unter 20 werden durch Schusswaffen sterben — bitte denken Sie daran, das ist ein Tag, kein Jahr! 399 Kinder werden wegen Drogenmissbrauchs verhaftet, 1 352 Babys werden von jugendlichen Müttern geboren. Das geschieht in einem der reichsten und am weitesten entwickelten Ländern in der Geschichte der Welt! Ja, in meinem Land gibt es eine Welle an Gewalt, wie sie in keiner anderen Industrienation stattfindet. Das ist die Art, wie junge Menschen in Amerika ihre seelischen Verletzungen und ihre Wut ausdrücken.

Aber denken Sie nicht, dass es den gleichen Schmerz und Zorn nicht auch in England gibt. Studien in diesem Land zeigen, dass sich in jeder Stunde drei Teenager in den UK selbst Schaden zufügen, oft schneiden sie sich oder verbrennen sich oder nehmen Überdosen von Drogen. Das ist der Weg, den sie sich ausgesucht haben, um mit dem Schmerz der Vernachlässigung und der emotionalen Qual zurechtzukommen. In England kommen gerade mal 20 % der Familien zusammen, um einmal im Jahr gemeinsam Abend zu essen — einmal im Jahr! Und was ist mit der schönen Tradition, Kindern Gute-Nacht-Geschichten vorzulesen? Untersuchungen aus den 1980ern zeigen, dass Kinder, denen vorgelesen wird, einen höheren Bildungsstand besitzen und ihre Mitschüler weit übertreffen.

Und dennoch wird gerade mal 33 % der britischen Kinder im Alter von zwei bis acht Jahren regelmäßig eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Vielleicht können Sie dem ja nicht so viel entnehmen, bevor Sie nicht wissen, dass noch 75 % ihrer Großeltern Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen bekommen haben, als sie im selben Alter waren. Sicherlich müssen wir uns nicht fragen, woher all dieser Schmerz, Zorn und das gewalttätige Verhalten kommen mag. Es erklärt sich von selbst, dass Kinder sich gegen diese Vernachlässigung aufbäumen, dass sie sich gegen diese Gleichgültigkeit auflehnen und sie laut aufschreien, nur, um beachtet zu werden. Die verschiedenen Kinderschutzorganisationen in den Staaten sagen, dass in einem durchschnittlichen Jahr Millionen von Kindern Opfer von Misshandlung in Form von Vernachlässigung sind, ja, von Nichtbeachtung. In reichen, privilegierten Heimen, die bis zum Dach mit irgendwelchem technischen Krimskrams vollgestopft sind; Heimen, in denen die Eltern zwar nach Hause kommen, aber niemals richtig zu Hause sind, weil sie mit den Gedanken immer noch im Büro sind. Und ihre Kinder? Nun, die behelfen sich mit jedem Krümel Emotionalität, den sie bekommen können. Aber von endlosem Fernsehen, Computerspielen und Videos bekommen sie nicht eben viel.

Diese harten, kalten Zahlen, die, wie ich finde, einem das Herz in Stücke reißen und das Gemüt zerrütten, sollten Ihnen zeigen, warum ich so viel meiner Zeit und Ressourcen dazu verwendet habe, unsere neue Initiative „Heal the Kids“ zu einem großen Erfolg zu machen. Unser Ziel ist einfach: die Erneuerung des Eltern-Kind-Bandes, dieses Versprechen wieder zu erneuern und den Weg zu ebnen für all die wunderbaren Kinder, die auch zukünftig auf dieser Erde sein werden. Aber weil dies meine erste öffentliche Rede ist und Sie mich so warm und herzlich empfangen haben, denke ich, dass ich Ihnen noch mehr erzählen möchte. Jeder von uns hat seine eigene Geschichte und so können Statistiken persönlich werden. Man sagt, dass Eltern sein wie ein Tanz ist. Man macht einen Schritt, das Kind macht einen anderen. Ich habe herausgefunden, dass es nur die eine Hälfte ist, die Eltern dazu zu bringen, sich wieder ganz selbst ihren Kindern zu widmen. Die andere Hälfte besteht darin, die Kinder dazu zu bringen, ihre Eltern wieder zu akzeptieren.

Ich erinnere mich daran, dass wir in meiner Kindheit diesen verrückten Hund „Black Girl“ hatten, eine Mischung aus Wolf und Retriever. Sie war nicht nur ein schlechter Wachhund, sondern auch solch ein verschrecktes und nervöses Ding, dass es ein Wunder war, dass sie nicht jedes Mal in Ohnmacht gefallen ist, als ein Truck vorüber gerumpelt oder ein Gewitter über Indiana hinweggefegt ist. Meine Schwester Janet und ich gaben dem Hund so viel Liebe, aber wir konnten das Vertrauen, das ihm von seinem vorigen Besitzer geraubt wurde, nie wiedergewinnen. Wir wussten, dass er sie geschlagen hatte. Wir wussten nicht, womit. Aber was auch immer es war, es war genug, um diesem Hund seine ganze Lebensfreude zu nehmen.

Heute sind viele Kinder wie verletzte Welpen, die sich selbst das Bedürfnis nach Liebe abgewöhnt haben. So können sie sich auch nicht um ihre Eltern sorgen. Mit ihren eigenen Belangen allein gelassen, suchen sie nach ihrer Unabhängigkeit. Sie sind weitergekommen und haben ihre Eltern hinter sich gelassen.

Dann gibt es die noch schlimmeren Fälle von Kindern, die Feindseligkeit und Groll gegen ihre Eltern hegen, sodass jeder Annäherungsversuch ihrer Eltern abgewehrt und mit Gewalt entgegnet wird. Heute Abend will ich, dass keiner von uns diesen Fehler macht. Und deswegen appelliere ich an all die Kinder der Welt — beginnend mit uns allen, die wir heute hier sind — unseren Eltern zu vergeben, wenn wir uns vernachlässigt fühlten. Vergebt ihnen und lehrt sie, wieder selbst lieben zu können.

Wahrscheinlich werden Sie nicht überrascht sein zu hören, dass ich keine besonders idyllische Kindheit hatte. Der Stress und die Spannungen, die es in der Beziehung zu meinem eigenen Vater gibt, sind bereits dokumentiert. Mein Vater ist ein strenger Mann, der mich und meine Brüder stets hart herangenommen hat — schon vom frühsten Alter an — um aus uns die besten Künstler zu machen, die wir werden konnten. Er hatte große Schwierigkeiten damit, mir seine Liebe zu zeigen. Er hat mir niemals gesagt, dass er mich liebt. Und er hat mir auch niemals ein Kompliment gemacht. Wenn ich eine einwandfreie Show geliefert hatte, sagte er, dass es eine gute Show war, und wenn die Show okay war, sagte er — … nichts. [Michaels Stimme bricht und er beginnt zu weinen] Er schien mehr als alles andere daran interessiert zu sein, aus uns einen großen kommerziellen Erfolg zu machen. Und darin war er mehr als ein Experte. Mein Vater war ein genialer Manager und meine Brüder und ich schulden unseren professionellen Erfolg nicht in geringem Maße auch dem gewaltvollen Weg, den er uns gehen ließ. Er trainierte mich zu einem Showman, und unter seiner Führung durfte ich keinen falschen Schritt machen.

Aber was ich wirklich wollte, war ein Dad. Ich wollte einen Vater, der mir seine Liebe zeigen konnte. Und mein Vater konnte das nie. Er sagte nie, dass er mich liebt, während er mir in die Augen sah; er spielte nie mit mir. Er nahm mich nie huckepack, er warf nie Kissen oder einen Wasser-Ballon nach mir.

Aber ich erinnere mich — ich war gerade etwa vier Jahre alt, da war diese kleine Kirmes bei uns, und er hob mich hoch und setzte mich auf ein Pony. Es war nur eine so kleine Geste, wahrscheinlich hat er es fünf Minuten später bereits vergessen. Aber gerade wegen dieses kurzen Augenblickes, gibt es in meinem Herzen diesen besonderen Platz für ihn. So sind Kinder eben, die kleinen Dinge bedeuten ihnen so viel, und für mich bedeutete dieser Moment alles. Ich habe das nur ein einziges Mal erlebt, aber so konnte ich mich gut fühlen — in Bezug auf ihn und die Welt.

Aber jetzt bin ich selbst Vater und ich habe mir über meine eigenen Kinder, Prince und Paris, Gedanken gemacht und wie ich gerne hätte, dass sie von mir denken, wenn sie älter sind. Natürlich hätte ich gerne, dass sie sich daran erinnern, dass ich sie immer bei mir haben wollte, wo auch immer ich hinging, dass ich immer versuchte, sie vor alles andere zu stellen. Aber es gibt auch Herausforderungen in ihrem Leben. Weil meine Kinder immer von Paparazzi verfolgt werden, können sie nie mit mir in einen Park oder ins Kino gehen. Was ist, wenn sie älter werden und mir übel nehmen, dass meine Entscheidungen ihre Jugend beeinflusst haben? „Warum hatten wir keine gewöhnliche Kindheit wie alle anderen Kids?“, mögen sie mich fragen. Und in diesem Moment bete ich, dass meine Kinder auch mir Zuwendung und Verständnis schenken werden. Dass sie zu sich selbst sagen werden: „Unser Daddy hat das Beste gegeben, was er konnte, in Anbetracht der einzigartigen Umstände, mit denen er konfrontiert war. Vielleicht war er nicht perfekt, aber er war ein warmherziger und anständiger Mann, der versucht hat, uns alle Liebe der Welt zu geben.“

Ich hoffe, sie werden sich immer auf die positiven Dinge konzentrieren, auf die Opfer, die ich freiwillig für sie gebracht habe und nicht die Dinge kritisieren, die sie aufgeben mussten oder die Fehler, die ich gemacht habe und sicherlich noch machen werde, während ich sie großziehe. Weil wir alle irgendjemandes Kind sind, wissen wir, dass trotz der besten Absichten und Bemühungen Fehler immer auftreten werden. Das ist nur menschlich.

Und wenn ich darüber nachdenke, wie sehr ich hoffe, dass meine Kinder mich nicht unfreundlich aburteilen und mir meine Fehler vergeben werden, muss ich an meinen eigenen Vater denken. Und obwohl ich es früher nicht wollte, muss ich jetzt zugeben, dass er mich doch geliebt haben musste. Er liebte mich, und ich weiß das. Es gab kleine Anzeichen, die das zeigten. Als ich Kind war, war ich ein wirkliches Schleckermaul — das waren wir alle. Am liebsten hatte ich glasierte Donuts, und das wusste mein Vater.

Also alle paar Wochen, als ich nach unten in die Küche kam, stand auf der Küchenablage eine Tüte voller glasierter Donuts — keine Nachricht, keine Erklärung, nur die Donuts. Es war, als wenn der Weihnachtsmann dagewesen wäre. Manchmal dachte ich daran, bis spät in die Nacht aufzubleiben, sodass ich ihn dabei beobachten konnte, wie er sie dort hinlegte. Aber wie beim Weihnachtsmann wollte ich nicht das Wunder zerstören — aus Angst, dass er es nie wieder tun würde. Mein Vater musste die Donuts im Geheimen in der Nacht dort hingelegt haben, sodass niemand ihn dabei ertappen konnte. Er hatte Angst vor menschlichen Gefühlen, er verstand sie nicht oder wusste nicht, wie er mit ihnen umgehen sollte. Aber er kannte Donuts. Und wenn ich die Erinnerungen zulasse, dann kommen mir auch noch andere Dinge, kleine Gesten — wenn auch nicht perfekt — die mir aber zeigten, dass er tat, was er konnte.

Also will ich mich heute Abend lieber darauf konzentrieren, was mein Vater getan hat und auf seine eigenen persönlichen Herausforderungen, als darauf, was er nicht getan hat. Ich möchte aufhören, ihn zu verurteilen. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, dass mein Vater ja im Süden aufgewachsen ist, in einer sehr armen Familie. Er wuchs während der wirtschaftlichen Depression heran, und sein eigener Vater, der auch kämpfen musste, um seine Kinder ernähren zu können, zeigte seiner Familie kaum Liebe und erzog meinen Vater und seine Geschwister mit eiserner Hand. Wer kann sich vorstellen, wie es war, als armer Schwarzer im Süden heranzuwachsen, aller Würde beraubt, ohne Hoffnung und darum kämpfend, in einer Welt seinen Mann zu stehen, die meinen Vater als Untergeordneten ansah. Ich war der erste schwarze Künstler, der auf MTV gespielt wurde, und ich erinnere mich, was für eine große Sache sogar das war. Und das war in den 1980er-Jahren!

Mein Vater zog dann nach Indiana und hatte selbst eine große Familie. Er arbeitete viele Stunden am Tag in einem Stahlwerk, eine Arbeit, die die Lungen zerstört und den Geist abstumpft — und alles, um seine Familie über die Runden zu bekommen. Ist es denn ein Wunder, dass er es schwer gefunden hat, seine Gefühle zu zeigen? Ist es ein Wunder, dass sein Herz hart wurde, dass er emotionale Barrieren aufgebaut hat? Und dann ein Wunder, dass er seine Söhne so hart gepuscht hat, um als Künstler erfolgreich zu werden, damit sie vor dem bewahrt blieben, was er als ein Leben ohne Würde und in Armut kannte? Mir ist klar geworden, dass sogar meines Vaters Härte eine Art Liebe war, keine sehr perfekte Liebe — sicherlich — aber dennoch Liebe. Er hat mich so hart angepackt, weil er mich liebte. Weil er nicht wollte, dass jemals ein Mensch auf seine Nachkommen herabblicken sollte. Und jetzt, mit der Zeit fühle ich eher Vergebung als Verbitterung. Anstatt Zorn habe ich Absolution gefunden. Und anstelle von Rache habe ich auf Aussöhnung gesetzt. Und meine anfängliche Wut hat langsam dem Verzeihen den Weg frei gemacht.

Vor etwa zehn Jahren habe ich die Wohltätigkeitsorganisation „Heal the World“ gegründet. Dieser Name war etwas, das ich einfach in mir gefühlt habe. Ich habe nicht gewusst, was mir Shmuley später erzählt hat: dass diese beiden Worte aus den Prophezeiungen des Alten Testamentes stammen.

Glaube ich wirklich, dass wir eine Welt heilen können, die von Krieg und Völkermord geschüttelt wird, sogar heute noch? Und denke ich wirklich, dass wir unsere Kinder heilen können, dieselben Kinder, die ihre Schulen mit Waffen und Hass stürmen können und ihre Klassenkameraden niederschießen, wie es soeben wieder geschehen ist? Oder dieselben Kinder, die ein wehrloses Baby zu Tode schlagen können wie in der tragischen Geschichte von Jamie Bulger? Natürlich glaube ich das, oder würde ich sonst heute hier sein?

Aber all das beginnt mit der Vergebung, denn um die Welt zu heilen, müssen wir zuerst uns selbst heilen. Und um unsere Kinder zu heilen, müssen wir zuerst das Kind heilen, das in jedem von uns steckt, in jedem einzelnen von uns. Als Erwachsener und als Elternteil stelle ich fest, dass ich weder vollständiger Mensch noch ein Vater, der fähig zu bedingungsloser Liebe ist, sein kann, wenn ich nicht zuerst die Geister meiner eigenen Kindheit zur Ruhe gebracht habe. Und das ist es, worum ich Sie alle heute bitte. Erfüllen Sie das fünfte der Zehn Gebote. Ehren Sie ihre Eltern, indem Sie sie nicht verurteilen. Geben Sie ihnen den Vertrauensbonus.

Deswegen möchte ich auch meinem Vater verzeihen und aufhören, ihn zu verurteilen. Ich will meinem Vater vergeben, weil ich einen Vater haben will — und er ist der Einzige, den ich habe. Ich will die Schwere meines vergangenen Lebens von meinen Schultern nehmen, ich will frei sein, in eine neue Beziehung mit meinem Vater einzutreten, für den Rest meines Lebens, unbehindert von den Kobolden der Vergangenheit.

In einer Welt voller Hass müssen wir dennoch weiter hoffen.

In einer Welt voller Wut müssen wir dennoch weiter trösten.

In einer Welt voller Verzweiflung müssen wir dennoch weiter träumen.

Und in einer Welt voller Misstrauen müssen wir uns weiterhin trauen, zu glauben.

All diejenigen von Ihnen, die sich von Ihren Eltern im Stich gelassen fühlen — bitte ich, Ihre Enttäuschung gehenzulassen.

All diejenigen von Ihnen, die sich von Vater oder Mutter betrogen fühlen — bitte ich, sich nicht selbst weiter zu betrügen.

Und all diejenigen von Ihnen, die sich wünschen, Ihre Eltern beiseitezuschieben — möchte ich bitten, ihnen stattdessen die Hand zu reichen. Ich bitte Sie und ich bitte mich selbst, auch unseren Eltern das Geschenk der bedingungslosen Liebe entgegenzubringen, sodass sie von uns, ihren Kindern, lernen können, wie man wirklich liebt. So wird diese Liebe dieser desolaten und einsamen Welt letztlich wieder zurückgegeben werden.

Shmuley erwähnte einst eine alte biblische Prophezeiung, die besagt, dass eine neue Welt und eine neue Zeit anbrechen würde, wenn „die Herzen der Eltern durch die Herzen ihrer Kinder wieder erneuert würden“. Meine Freunde, wir sind diese Welt, wir sind diese Kinder. Mahatma Gandhi sagte: „Die Schwachen können niemals vergeben. Vergebung ist eine Fähigkeit der Starken.“

Seien Sie stark — hier und heute. Und abgesehen davon, dass Sie stark sind, nehmen Sie diese, die allergrößte Herausforderung an: den zerbrochenen Vertrag wieder zu erneuern.

Wir alle müssen über die Auswirkungen unserer Kindheit hinwegkommen, so lähmend auch immer sie gewesen sein mögen, und in Jesse Jacksons Worten: vergebt einander, versöhnt euch und macht weiter. Diese Aufforderung zur Vergebung wird vielleicht nicht Oprah-mäßige Ausmaße annehmen, wobei sich Tausende Kinder wieder mit ihren Eltern versöhnen, aber es kann zumindest für uns alle hier ein Anfang sein, und als Ergebnis werden wir alle viel glücklicher sein können.

Und so, meine Damen und Herren, schließe ich meine Ausführungen heute Abend mit Vertrauen, Freude und Begeisterung. Von diesem Tag an soll ein neues Lied ertönen.

Lasst dieses neue Lied der Klang von lachenden Kindern sein;

Lasst dieses neue Lied die Klänge von spielenden Kindern sein;

Lasst dieses neue Lied der Klang von singenden Kindern sein;

Und lasst dieses neue Lied der Klang von lauschenden Eltern sein.

Lasst uns gemeinsam eine Symphonie der Herzen schaffen, die das Wunder unserer Kinder bestaunt und sich im Glanz der Schönheit der Liebe sonnt.

Lasst uns die Welt heilen und ihren Schmerz vereiteln. Mögen wir alle gemeinsam wunderbare Musik machen.

Gott segne Sie und ich liebe euch.

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