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“A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.” – Michael Jackson

Nick Brandt, vielen unbekannt, arbeitete eng mit Michael Jackson zusammen und war Regisseur vieler seiner Musikvideos. Nach einer kurzen Karriere in Hollywood entschied sich Brandt, die Regie beiseitezulegen und widmete sich seiner wahren Leidenschaft, der Fotografie. Heute ist er für seine atemberaubenden Tierporträts bekannt, die er in Afrika aufgenommen hat. Trotz Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit Jackson, darunter Beleuchtungsprobleme und Timing, entschließt sich Brandt, in erster Linie die kreative Freiheit und das Vertrauen zu schätzen, das ihm Jackson entgegengebracht hat.

Quelle: franz. Sonderausgabe Black And White, 2009 (Le Numero Ultime)

Obwohl er beim großen Publikum unbekannt ist, ist Nick Brandt der Regisseur, der die meisten Clips von Michael Jackson realisiert hat. Insgesamt fünf, davon ein unvollendeter. Nach einer kurzen Karriere in Hollywood, wo er hauptsächlich für den King of Pop arbeitete, legte der englische Regisseur seine Kamera weg, um sich seiner wirklichen Leidenschaft zu widmen, der Fotografie. Heute ist er ein weltbekannter Künstler, besonders für die überwältigenden Porträts von Tieren, die er in Afrika gemacht hat.

Frage: Das erste Video, das Sie für Michael Jackson gedreht haben, war Childhood. Wie verlief die erste Zusammenarbeit?

Nick Brandt: Sehr gut. Ich hatte sehr viel Glück, Michael liebte das Endergebnis. Wir drehten das Video in einem Wald, im Herzen eines Naturparks, eine Autostunde nördlich von Los Angeles entfernt. Der gesamte Clip war in einer Woche zu Ende gedreht. Wir verbrachten vier Nächte draußen im Wald, dann zwei Tage im Studio, um die fliegenden Boote an der Bluescreen zu filmen. Aber Michael war dabei nicht anwesend.

Frage: Hat Michael bei der Inszenierung dieses Clips teilgenommen?

Nick Brandt: Nein. Ich schlug ihm das Konzept vor und es gefiel ihm. Ihm gefiel die Idee vom Wald bei Nacht, und den Kindern, die davonfliegen wollten. Das ist eine Metapher für Kindheitsträume. Die Vorstellung, stets seine Träume zu verfolgen, berührte Michael sehr. Er überließ mir die Inszenierung und den Schnitt. Ich zeigte ihm das Endresultat und es sagte ihm zu.

Frage: Ihre nächste Zusammenarbeit war beim Earth Song. Wie kam das Projekt zustande?

Nick Brandt: Die Botschaft des Liedes hat mich tief berührt, weil ich mich sehr für die Umwelt einsetze. Da ich das Stück wirklich außergewöhnlich fand, setzte ich mich mit Michael in Verbindung, und schlug ihm eine Umsetzungsidee für den Clip vor. Ich hatte immer noch Glück, meine Idee gefiel ihm sehr …

Frage: Wie verlief der Dreh?

Nick Brandt: Ungefähr sechs Wochen lang durchstreiften mein Team und ich die Welt auf der Suche nach Umgebungen, wo wir drehen konnten. Nachdem wir auf Drehortsuche waren, drehten wir 2 Tage lang in jedem Land. Wir gingen nach Amazonien, Tansania, Kroatien und wir drehten die Sequenzen mit Michael am Schluss in New Jersey.

Frage: Was denken Sie über das Endresultat?

Nick Brandt: Sobald man ein zauberhaftes Lied hat, hat man schon ein exzellentes Szenario: Die Hälfte der Arbeit ist bereits getan. Im Falle vom Earth Song entschied ich, mich von der erzählerischen Struktur des Liedes führen zu lassen. Es dauert 6:40 und es enthält einen linear dramatischen Verlauf. Es hat einen gut definierten Anfang, eine Mitte und ein Ende. Das ist es, was mir an dem Video so gefällt, nämlich dass wir diese Struktur beibehalten haben, und die emotionale Wirkung der Musik mit starken Bildern betont haben. Wiederum gibt es kleine Sachen, mit denen ich nicht zufrieden bin, wie einige veraltete Spezialeffekte. Ebenso mag ich die Beleuchtung des verbrannten Feldes, in dem Michael seine Sequenz gedreht hat, überhaupt nicht …

Frage: Das heißt?

Nick Brandt: Die Kulisse ist zu stark beleuchtet. Das ist ein Problem, das ich immer mit Michael hatte. Er verlangte, immer überbelichtet zu sein. Er wollte stark beleuchtet werden, um einige Details seines Gesichtes zu beseitigen. Das gehörte zu den seltenen, frustrierenden Dingen, die er mir aufzwang. Er bestand darauf, dass diese starken Scheinwerfer auf ihn gerichtet waren. Das passte überhaupt nicht zu dem Licht der Kulisse, dem Konzept des Videos oder der Stimmung des Songs. Aber er hielt daran fest!

Frage: Schätzte Michael das Endresultat?

Nick Brandt: Er war sehr glücklich, als er das fertige Video sah. Wirklich sehr glücklich.

Frage: 1996 waren wir beim Dreh des Clips Stranger in Moscow dabei, wo wir uns kennengelernt haben. Welche Erinnerung haben Sie an den Dreh?

Nick Brandt: Da gibt es viele. Aber diejenige, die mir jetzt einfällt, ist, als Michael unter dem künstlichen Regen vor der Bluescreen singt. Während er sang, stampfte er mit dem Fuß auf dem Boden. Aber so stark, dass der künstliche Asphalt unter seinen Füßen kaputtging! Er zerstörte die Kulisse.

Frage: Wie kam der Clip zustande?

Nick Brandt: Ich schlug Michael eine Idee vor und er nahm sie an. Das lief immer so. Ich schlug ihm nur eine einzige Idee vor, und falls sie ihm nicht gefallen hätte, hätte ich keine andere gehabt. Ich hatte also sehr viel Glück, so oft mit ihm zusammengearbeitet zu haben.

Frage: 2001 arbeiteten Sie erneut mit Michael, um den Clip zu Cry zu drehen. Das ist einer seiner unbekanntesten Clips. Wie kam er zustande?

Nick Brandt: Wir drehten ihn kurz nach dem 11. September 2001. Ich schlug Michael dieses Konzept einer menschlichen Kette vor, die sich durch alle Länder zieht. Die Idee war die Menschen vereint zu zeigen. Das Thema passte zu den damaligen Umständen.

Frage: Michael erscheint in der Endversion des Clips nicht. Es wird erzählt, dass er sich geweigert habe, zu erscheinen wegen des Konflikts, den er zu dieser Zeit mit Sony hatte.

Nick Brandt: Nein, das hatte nichts mit Sony zu tun. Michael sollte eigentlich in dem Video erscheinen. Man sollte ihn in der Menschenkette sehen, auf den Felsen, in der Mitte des Clips. Wir drehten diese Sequenz im Norden von Kalifornien und er sollte uns dort treffen. Das Problem war, dass Michael verängstigt war durch die Attentatsrisiken nach dem 11. September. Er wollte sich nicht viel fortbewegen. Der Gedanke, einen Teil von Kalifornien zu durchqueren, um am Dreh teilzunehmen, machte ihm Angst.

Frage: Wie sind Sie mit seiner Abwesenheit umgegangen?

Nick Brandt: Um ehrlich zu sein, war ich unglaublich erleichtert, als ich erfuhr, dass er nicht kommen würde! Ich dachte immer, dass das Video ohne ihn besser laufen würde. Ich fand, dass seine Anwesenheit in der Menschenkette nicht notwendig war. Erstens, wenn er da gewesen wäre, hätte es den Verlauf des Drehs ruiniert. Das Video ist eine Art fortlaufende Bewegung, die der menschlichen Kette durch verschiedene Orte folgt. Wenn Michael da gewesen wäre, hätte man einen Augenblick lang bei ihm stehen bleiben müssen. Außerdem wäre der Clip überbelichtet gewesen und die ganze Beleuchtung des Clips wäre wackelig gewesen.

Frage: Störte sich Michael Jackson nicht daran, nicht im Clip zu erscheinen, obwohl es vorgesehen war?

Nick Brandt: Um ehrlich zu sein, wollte ich von Anfang an eine Version des Clips ohne Michael inszenieren. Auch wenn er beim Dreh dabei gewesen wäre, hätte ich ihm eine Version ohne ihn gezeigt, damit er sieht, dass das so besser funktioniert. Und so kam es letztlich auch. Am Ende des Drehs sahen wir uns und ich zeigte ihm den Clip, so wie ich ihn geschnitten und ihn mir vorgestellt hatte. Nachdem er ihn aufmerksam angesehen hatte, fragte er mich, wann wir seine Sequenzen drehen würden, um sie dem Clip hinzuzufügen. Genau da erklärte ich ihm meinen Standpunkt. Ich sagte ihm, dass ich denke, dass es besser wäre, wenn er nicht im Clip wäre. Wegen der gegebenen Botschaft des Liedes und des internationalen Kontextes – es war kurz nach dem 11. September, erschien es mir bescheidener und folglich auch treffender, wenn er nicht im Clip erscheinen würde. Michael blieb kurzzeitig still, dachte darüber nach, was ich ihm gerade gesagt hatte. Und dann sagte er mit viel Bescheidenheit „Okay“. Und die Sache war geklärt.

Frage: Was kosteten diese Videos?

Nick Brandt: Das teuerste war Earth Song mit einem Budget von 2,6 Mio. $. Stranger in Moscow kostete 1,8 Mio. Cry, ich erinnere mich nicht mehr genau, aber ich glaube, es belief sich auf ungefähr 1 Mio. Genauso bei Childhood.

Frage: Sie arbeiteten danach ein weiteres Mal mit Michael, am Clip zu One More Chance, der Ende 2003 in Las Vegas gedreht wurde, aber nie erschienen ist. Was war das Konzept des Clips?

Nick Brandt: Das Video spielte sich in einem Aufführungssaal ab, aber die Rollen wurden getauscht: Das Publikum war auf der Bühne unter den Scheinwerfern und Michael war im Saal, da wo sich normalerweise die Zuschauer befinden. Also sollte er singen, um das Publikum zu überzeugen, damit sie ihm „eine letzte Chance“ („one more chance“) geben. Er musste sein ganzes Herz einsetzen, sie anflehen, während er von einem Tisch auf den anderen hüpft und tanzt.

Frage: Wie weit waren Sie, als die Arvizo – Affäre losbrach, und der Dreh abgebrochen wurde?

Nick Brandt: Die Dreharbeiten dauerten tatsächlich nur einen Tag. Am Abend des ersten Drehtages wurde Michael von der Polizei festgenommen. Ich habe nie wieder mit ihm gesprochen …

Frage: Was hatten Sie schon alles abgedreht?

Nick Brandt: Wir hatten alle Bilder von Michael von hinten gedreht, wie er zum Publikum singt, das sich auf der Bühne befindet. Am nächsten Tag wollten wir ihn von vorn filmen.

Frage: Haben Sie an anderen Projekten mit Michael gearbeitet, die nicht verwirklicht wurden?

Nick Brandt: Ich glaube, ich habe Konzepte für zwei oder drei weitere Clips (vor 2003, Anmerkung der Redaktion) vorgeschlagen, aber sie wurden nicht angenommen. Ich erinnere mich nicht mehr für welche Songs, aber meine Ideen waren nicht so gut, deswegen bedauere ich auch nichts. Das, was für mich zählt, ist, dass ich das Glück hatte, die Songs zu inszenieren, die ich wirklich sehr liebe: Earth Song, Stranger In Moscow und Cry.

Frage: Wenige Regisseure hatten die Gelegenheit, so oft mit Michael Jackson zusammenzuarbeiten. Welche Erinnerung haben Sie an Ihre Zusammenarbeit?

Nick Brandt: Mit Michael zusammenzuarbeiten war zunächst eine riesengroße Freude, weil er mir viele Freiheiten ließ. Er schenkte mir auch sein ganzes Vertrauen. Mit ihm zu arbeiten, konnte aber auch aus zwei Gründen sehr schwierig sein. Einmal wegen dieser Beleuchtungsgeschichte. Es machte mich verrückt, dass er darauf bestand, immer überbelichtet zu sein. Und zweitens, er kam immer zu spät zum Dreh, sodass ich nicht mehr genügend Zeit hatte, das zu drehen, was geplant war und es immer so endete, dass ich meine Unterlagen zerriss und improvisierte.

Frage: Wenn Sie an Michael zurückdenken, was fällt Ihnen ein?

Nick Brandt: Ich werde niemals einen besonderen Moment vergessen. Das war beim Dreh zu Earth Song. Wir drehten nachts in New Jersey, mitten auf einem zerstörten Feld, wo alles abgebrannt war. Das war die letzte Sequenz des Liedes. Ich erinnere mich an die Stimmung beim Drehort. Überall waren all diese Techniker, sehr angewiderte und zynische Leute aus New York, die Michael gegenüber voreingenommen waren. Man konnte sogar eine gewisse Feindseligkeit ihm gegenüber spüren. Aber sobald die Musik lief und Michael anfing zu tanzen, drehten sich alle Köpfe zu ihm, alle erstarrten und ich sah, wie ihre Kinnladen herunterklappten. All diese Leute waren gefesselt von dem Spektakel dieses außergewöhnlichen Künstlers. Sie waren voller Bewunderung. Der ganze Rest war verschwunden. Das ist die Erinnerung an Michael, die ich behalten habe.


“The most interesting time for me was on “Earth Song” when, I had a bunch of very cynical, jaded New Yorkers for crew, the part of the shoot that he was there, and they were just auh, Michael Jackson, dadadadada. But then, when he started singing, at the end of that song, and he’s just, screaming out the vocals, you could, you could just see, you just look around and everybody had stopped in their tracks and was watching him, riveted. And he’d only give you like one take from each angle because he was being blasted by, you know, these wind machines and, stuff was flying in his eyes and, just, I mean it was really hard. I mean it was just firing dust and leaves and, all matter of stuff, into his face, and everybody was just electrified. And he completely turned everybody around.”


Übersetzung: BritBrit u. Laurent, mjackson.net


Nick Brandt hat mittlerweile einige fantastische Fotobücher herausgegeben – hier sein Portfolio:

NICK BRANDT

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Kommentare

2 Antworten zu „Nick Brandt über seine Zusammenarbeit mit Michael Jackson“

  1. Love your when giants fell. When did you do this?

    1. I don’t know – maybe it’s his latest project?