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“A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.” – Michael Jackson

Michael Jackson Interview mit Bob Colacello & Andy Warhol

Im August 1982 wurde der damals 23 -jährigen Michael Jackson in der Wohnung im San Fernando Valley interviewt, die der Sänger mit seiner Familie gemietet hatte, während ihr Haus renoviert wurde. Jackson war zusammen mit seinen Brüdern als Jackson 5 natürlich schon bekannt, aber sein erstes Solo-Album, Off The Wall, welches 3 Jahre zuvor veröffentlicht wurde, hatte ihn selbst zu einem Star gemacht. Als dieses Interview stattfand, arbeitete er gerade mit Steven Spielberg am E.T. Storybook und an der Fertigstellung seines Thriller-Albums, welches das meistverkaufte Album aller Zeiten werden sollte.

Das folgende ist ein Auszug des Interviews, was in der Titelstory des Interview-Magazins im Oktober 1982 erschien.

Bob Colacello: Hast du es als Kind schon gemocht, zu performen? Hast du es schon immer gemocht?

Michael: Immer. Ich habe das Gefühl, auf der Bühne zu sein, immer genossen – die Magie, die entsteht. Wenn ich auf die Bühne trete, entsteht plötzlich diese Magie von irgendwoher, und der Spirit trifft dich und du verlierst die Kontrolle über dich. Ich kam auf die Bühne bei Quincys (Jones) Konzert im Rose Bowl und wollte eigentlich gar nicht auf die Bühne. Ich duckte und versteckte mich und hoffte, man würde mich hinter den Leuten nicht sehen, als sie mich riefen. Dann ging ich nach oben und es packte mich sofort. Ich kletterte auf das Gerüst, auf die Lautsprecher und die Beleuchtungs-Masten. Das Publikum ging mit und ich begann zu tanzen und zu singen, so passiert das.

(Michael Jackson – spontaner Auftritt, Rose Bowl, Budweiser Superfest, 1982)

Bob Colacello: Wie vergleichst du Schauspielerei mit der Bühnen-Performance?

Michael: Ich liebe beides. Schauspielerei ist die Sahnehaube des Ganzen. Ich liebe es zu performen. Es ist wie eine phänomenale Flucht. Wenn du wirklich alles herauslassen willst, was du fühlst, dann ist dort der richtige Zeitpunkt, es zu tun. Bei der Schauspielerei ist es, als würde man eine andere Person. Ich finde das sehr schön, besonders, wenn du dich völlig dabei vergisst. Wenn du dich völlig vergisst, und das liebe ich, dann ist es magisch. Ich liebe es, Magie zu erschaffen – etwas zusammenzufügen, was so ungewöhnlich ist, so unerwartet, dass es die Leute umhaut. Irgendetwas, was der Zeit voraus ist. Fünf Schritte weiter, wie die Leute denken. Dann sehen die Leute es und sagen „Woah … damit habe ich gar nicht gerechnet“. Ich liebe es, Menschen mit einem Geschenk zu überraschen, oder mit einer Bühnen-Performance oder mit irgendetwas. Ich liebe John Travolta, der aus dieser „Kotter Show“ kam. Niemand wusste, dass er tanzen kann und all das. Es ist wie –Boooom. Bevor er es richtig realisieren konnte, war er schon im nächsten großen Ding.

Bob Colacello: Er hat die letzte Zeit nicht so viel gemacht.

Michael: Ich weiß. Ich denke, er wählt Scripts aus und so was. Es ist für jeden immer schwer, gegen die eigenen Verdienste der Vergangenheit anzutreten.

Bob Colacello: Es sieht so aus, als ob dein Verlangen, Menschen zu unterhalten, dich wirklich motiviert, Menschen zu erfreuen. Was ist mit Ruhm und Geld? Kannst du dir vorstellen, nicht berühmt zu sein? Oder ist Berühmtheit für dich ein Umstand?

Michael: Es hat mich nie gestört, außer wenn du mal deinen Frieden haben willst. So wie wenn du ins Kino möchtest und du sagst dir „Heute wird mich niemand belästigen, ich ziehe Hut und Brille an und ich werde diesen Film genießen und das ist alles, was ich will.“ Du kommst dahin, und jeder beobachtet dich und starrt dich an und im spannendsten Teil des Films tippt dir jemand auf die Schulter und fragt nach einem Autogramm. Du fühlst dich, als könntest du nicht entkommen …

Bob Colacello: Du bist/wohnst sehr dicht bei deinen Eltern. Sind sie jetzt auch hier, in LA?

Michael: Ja, Mutter ist oben, mein Vater ist im Büro.

Bob Colacello: Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?

Michael: Viel Tagträumereien. Ich stehe früh auf und mache mich fertig, für was auch immer ich vorhabe, Songs schreiben oder was auch immer. Etwas für die Zukunft planen und solche Dinge.

Bob Colacello: Bist du optimistisch für die Zukunft?

Michael: Ja. Ich plane immer im Voraus und folge dann dem Plan/Ziel.

Bob Colacello: Achtest du viel auf Mode?

Michael: Nein, ich achte darauf, was ich auf der Bühne trage. Also das, was ich liebe. Ich achte nicht auf die Alltagskleidung. Ich mag es, ein Outfit oder ein Kostüm anzuziehen und mich im Spiegel anzusehen. Baggy Pants oder wirklich abgefahrene Schuhe und einfach den Charakter dieser Dinge zu spüren. Das macht mir Spaß.

Bob Colacello: Liebst du es, auch im normalen Leben zu schauspielern?

Michael: Ich mag es sehr. Es ist wie eine Flucht. Es macht Spaß. Es ist, wie wenn man etwas anderes wird, eine andere Person. Besonders, wenn du wirklich daran glaubst und dann ist es nicht wie schauspielern. Ich mag das Wort „schauspielern“ nicht. Zu sagen „Ich bin Schauspieler“. Es sollte mehr sein als das. Es sollte mehr sein wie einer, der es „glaubt“ (zu sein).

Bob Colacello: Aber ist das nicht ein wenig beängstigend, wenn du vollkommen daran glaubst?

Michael: Nein, das ist, was ich daran so liebe. Ich liebe es, mich wirklich darin zu verlieren. (Ganz in etwas aufzugehen)

Bob Colacello: Warum möchtest du dich so gerne darin verlieren? Denkst du, dass das Leben so hart ist?

Michael: Nein, vielleicht ist es, weil ich es mag, in das Leben eines anderen zu „springen“ und es zu erforschen. Wie Charlie Chaplin. Ich liebe ihn abgöttisch. „The Little Tramp“, die ganze Sache, und sein Herz – alles, was er auf dem Bildschirm erschuf, war Truismus. Es war sein ganzes Leben. Er wurde in London geboren, sein Vater starb an Alkohol, als er 6 war. Er zog durch die Straßen in England, bettelnd, arm und hungrig. All das reflektiert er am Bildschirm und das ist, was ich auch tun möchte, ich möchte alle Wahrheiten herausbringen …

Bob Colacello: Fühlst du dich manchmal, als ob du die Kindheit verpasst hättest, weil du immer in der Erwachsenen-Welt auftreten musstest?

Michael: Manchmal.

Bob Colacello: Aber du magst Menschen, die älter sind als du, Menschen mit Lebenserfahrung.

Michael: Ich liebe Menschen mit Erfahrungen. Ich liebe Menschen, die phänomenal talentiert sind. Ich liebe Menschen, die so hart gearbeitet haben und soviel Mut hatten und die jetzt ihr Gebiet beherrschen. Für mich ist es magisch, jemand solchen zu treffen, von ihm zu lernen, mit ihm zu reden. Zusammenzuarbeiten. Ich bin verrückt nach Steven Spielberg. Eine andere Inspiration für mich sind Kinder. Ich weiß nicht, woher das kommt. Wenn ich down bin, nehme ich ein Buch mit Fotos von Kindern und wenn ich sie ansehe, bringt mich das wieder hoch. Mit Kindern zusammen zu sein ist magisch….

Bob Colacello: Interessierst du dich für Kunst?

Michael: Ich zeichne gerne – mit Bleistift, Tusche – ich liebe Kunst. Wenn ich auf Tour gehe, und die Museen besuche, in Holland, Deutschland oder England – weißt du, diese riesigen Gemälde. – Ich bin einfach beeindruckt. Du denkst, ein Maler könne so etwas gar nicht vollbringen. Ich kann eine Skulptur oder ein Bild ansehen und mich komplett darin verlieren. Ich stehe da, sehe es an und werde ein Teil der Szenerie. Es kann dich zum Weinen bringen, es kann dich so sehr berühren. Sieh, das ist es, was der Schauspieler oder der Darsteller tun sollte – die Wahrheit in einem Menschen berühren. Ihrer Wahrheit so nahe kommen, dass sie Teil dessen werden, was du tust und du sie überall hin führen kannst, wo du willst. Du bist glücklich – sie sind glücklich. Wie immer die menschlichen Emotionen sind, sie gehen genau mit dir mit. Ich liebe Realismus. Ich mag nicht das Künstliche. Tief in unserm Innern sind wir alle gleich. Wir haben alle die gleichen Emotionen und deshalb berührt ein Film wie E.T. jedermann. Wer möchte nicht fliegen können, wie Peter Pan? Wer möchte nicht mit einem außerirdischen, magischen Wesen mitfliegen und sich mit ihm befreunden? Steven trifft genau ins Herz – wenn du zweifelst, versuche das Herz zu erreichen …

Andy Warhol ruft aus New York an.

Andy Warhol: Hallo?

Michael: Hi.

Andy Warhol: Mein Gott, ist das aufregend. Weißt du, jedes Mal, wenn ich meinen Walkman benutze, spiele ich deine Kassette darin ab … Was machst du so?

Michael: Ich war im Studio, habe Texte geschrieben und an Songs gearbeitet.

Andy Warhol: Ich werde mir heute Abend eine englische Rockgruppe ansehen, im Ritz, Duran Duran. Kennst du sie?

Michael: Nein.

Andy Warhol: Letzte Woche habe ich Blondie angesehen.

Michael: Wie war Blondie?

Andy Warhol: Großartig. Sie ist fantastisch. Kennst du Blondie?

Michael: Nein, ich habe sie nie getroffen.

Andy Warhol: OK, wenn du nach New York kommst, werde ich dich ihr vorstellen. Auf Tour gehen ist wohl das härteste, was man tun kann auf der Welt.

Michael: Touren ist etwas, wo man durch muss. Auf der Bühne zu sein ist das magischste daran …

Andy Warhol: Hast du je gedacht, dass du, wenn du erwachsen bist, ein Sänger sein würdest?

Michael: Ich kann mich nicht erinnern, jemals nicht gesungen zu haben, deshalb habe ich nie vom Singen geträumt.

Andy Warhol: Gehst du viel weg, oder bleibst du zu Hause?

Michael: Ich bleibe zu Hause.

Andy Warhol: Warum bleibst du zu Hause? Es gibt so viel Spaß draußen. Wenn du nach New York kommst, dann gehen wir aus.

Michael: Ich möchte immer nur dann ausgehen, wenn ich in New York bin.

Andy Warhol: Gehst du ins Kino?

Michael: Oh ja. Wir arbeiten am E.T. Album. Ich hatte eine Foto-Session mit E.T., es war wundervoll … Er hat mich umarmt und alles.

Andy Warhol: Ich mag Tron. Es ist, als würde man ein Video-Spiel spielen. Hast du es gesehen?

Michael: Ja. Es hat mich nicht sehr angesprochen.

Andy Warhol: Ok, dann bis bald, Danke.

Michael: Ja, hoffentlich …


Übersetzung: M.v.d.L.


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