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„A lot of people misunderstand me. That’s because they don’t know me at all.“ – Michael Jackson



Die Interviews mit Nicholas Pike und Mick Garris geben tiefgehenden Einblick in ihre Zusammenarbeit mit Michael Jackson am Film „Ghosts“. Pike erinnert sich an seine musikalische Kollaboration und hebt Jacksons großes Talent und Respekt hervor. Garris, ursprünglicher Regisseur des Films, spricht über seine Beziehung zu Jackson und ihre Arbeit an „Ghosts“. Beide vermitteln ein Bild von Jackson als kreativen Visionär und respektvollen Arbeitgeber.


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I. Der Film-Komponist Nicholas Pike erinnert sich an die Arbeit mit Michael Jackson an Ghosts1

Frage: Danke, dass du zugestimmt hast, über die Arbeit an Michael Jacksons Film Ghosts zu sprechen. Wie wurdest du in das Projekt involviert?

Nicholas Pike: Ich arbeitete mit Michael an zwei Videos, Ghosts war das erste und You Rock My World das zweite. Ursprünglich war Mick Garris, ein Regisseur, mit dem ich schon oft zusammengearbeitet hatte, als Regisseur für Ghosts geplant, als der Terminplan sich änderte, konnte er aber wegen anderer Zusagen den Job nicht übernehmen. Stan Winston übernahm die Regie und auch die Leitung als ‚Guru für visuelle Effekte‘, und ich rief ihn an und fragte, Mick hätte mit mir an dem Video arbeiten wollen und ob er das eventuell auch tun wolle. Ich schickte ihm einige meiner Arbeiten, die er liebte, und er lud mich ein, um Michael zu treffen.

Nicholas Pike Stan Winston
– Nicholas Pike, Michael, Stan Winston –

Frage: Wie war es, mit Michael zu arbeiten?

Nicholas Pike: Ein Traum! Der Höhepunkt meiner musikalischen Karriere. Er ist einer der sehr wenigen Menschen, von denen du träumst, einmal mit ihnen zusammenzuarbeiten. Offensichtlich ein riesiges Talent, ein Pop-Superstar und zur gleichen Zeit ein sehr respektvoller und sanfter Mitarbeiter. Wir waren auf der gleichen Wellenlänge, und er war von der Musik, die ich für ihn schrieb, begeistert. Die ersten zehn Minuten des Videos sind musikalisch von mir. Als ich mich zum ersten Mal mit ihm hinsetzte, und am Synthesizer vorspielte, was später das Orchester spielen sollte, war ich sehr aufgeregt darüber, wie er reagieren würde. Wir saßen in einem Studio, ich legte das Band ein und schwitzte neuneinhalb Minuten lang, während Michael ganz vertieft dort saß. In dem Moment, in dem er die Beschwörung aller Geister beendet, hat sich die Musik zu einem massiven Höhepunkt aufgebaut, und als wir diesen Moment erreichten, sprang Michael von seinem Stuhl auf und rief: „Jaaa!“ Danach wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Frage: Hat er spezifische Angaben darüber gemacht, was er künstlerisch von dir erwartete? Was hat deine Arbeit beeinflusst?

Nicholas Pike: Er stellte keine Anforderungen an mich. Ich traf mich mit ihm und Stan und gab ihm eine kurze Vorstellung von dem, was ich im Sinn hatte. In der Regel gehe ich nicht auf allzu viele Details ein oder versuche, über Musik zu sprechen, ich komponiere lieber und führe es dann vor. Es ist das Gesamtbild, das mich beeinflusst hat. Ich wusste, dass ich etwas Großes wollte, das Budget war ursprünglich für ein 60-köpfiges Orchester und ich sagte zu Michael, ich glaube nicht, dass er mit weniger als 90 Personen plus einem Chor zufrieden sein würde. Ich wusste auch, dass ich es ‚gothic‘ und dramatisch haben wollte – etwas, was dem Film wirklich die Ehre erweisen würde.

Frage: War er sehr perfektionistisch? Hatte er das Sagen über alle Dinge, die geändert werden mussten?

Nicholas Pike: Er ist ein Perfektionist, so wie alle der größten Künstler – es ist das, was sie von allen anderen unterscheidet. Ich verlange auch Perfektion von dem Orchester und mir und so hatten wir beide das gleiche Ziel. Was Änderungen betrifft: Ich musste keine vornehmen. Michael hörte sich ein Stück an und sagte: „Ich habe nichts zu sagen!“

Frage: Wie viel Zeit habt ihr zusammen verbracht? Warst du hauptsächlich im Tonstudio? Hat er vor dir getanzt?

Nicholas Pike: Wir verbrachten etwa neun Tage zusammen. Zwei ganze Tage in meinem Studio, nur wir beide, und dann Tage, an denen wir Meetings oder Aufnahmen mit dem Orchester hatten. In den ersten zehn Minuten, nachdem er in mein Studio gekommen war, war alles, was ich dachte: „Ich sitze hier mit Michael Jackson, ich sitze hier mit Michael Jackson!“ Danach waren wir nur zwei Musiker, die zusammen im Studio arbeiteten.

Nicholas Pike im Studio with MJ

Frage: Sind instrumental Stücke deiner Musik komplett verwendet und fertiggestellt worden? Hat er Gesang dazu aufgenommen?

Nicholas Pike: Alles, was ich geschrieben habe, ist im Film und das einzige Stück, zu dem er seine Stimme aufgenommen hat, ist „Descending Angels“.

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„Descending Angels“ – Szene aus Ghosts

Frage: War er sehr zurückhaltend mit dem aufgenommenen Material?

Nicholas Pike: Was immer ich brauchte, hat er mir zur Verfügung gestellt.

Frage: War es immer geplant, dass die Musik zeitlos sein sollte? Was war die künstlerische Richtung?

Nicholas Pike: Ich denke, dass Orchester-Partituren zeitlos sind. Es gibt dort keine Synthesizer-Sound-Effekte, die irgendwann unmodern klingen. Ich glaube, um es für das Projekt als Ganzes zu sagen, dass jeder sein Bestes gegeben hat und nur die Zeit unser Gegenspieler war. Als ich dazu kam, hatte ich drei Wochen Zeit, um die Partitur zu liefern. Die künstlerische Richtung war schon lange, bevor ich irgendwelche Musik schrieb, festgelegt, also war es mein Job, den Film mit all meinen Fähigkeiten zu unterstützen.

Frage: Erinnerst du dich, welche Kompositionen zuerst und zuletzt gemacht wurden? Was dauerte am längsten, was ging am schnellsten?

Nicholas Pike: Ich arbeitete chronologisch. Der anspruchsvollste Teil waren die ersten 10 Minuten, in denen die Partitur viel dazu beitragen muss, die Geschichte zu erzählen, die Atmosphäre zu erschaffen und auch die Handlung zu unterstützen. Ich verbrachte viel Zeit für das Stück zu dem Tanz an der Decke. Es musste perfekt auf den Tanz abgestimmt sein und auch auf die akrobatischen Bewegungen von Michael und den Geistern.

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Frage: Die Verbindung zwischen den Bildern und der Musik in Ghosts ist sehr kraftvoll. Hat das Produktionsteam die visuelle Umsetzung erarbeitet im Zusammenhang mit dem, was die Musik erzählt?

Nicholas Pike: Das war nicht Teil meiner Arbeit. Als ich mit dem Komponieren begann, war der Film schon im Wesentlichen fertiggestellt.

Frage: Hat das Produktionsteam nach Abschluss der Dreharbeiten die verschiedenen Elemente der Songs des Kurzfilms angehört und mit dir zusammengearbeitet, sodass du sagen konntest, welches Stück deiner Meinung nach an welche Stelle passen würde?

Nicholas Pike: Die Platzierung Songs war an die Storyline geknüpft, weshalb sie schon ziemlich fest standen. Die Aufnahmen waren abgedreht und geschnitten und visuelle Effekte, wie das tanzende Skelett, wurden digitalisiert. Was die Partitur betrifft, haben Michael, Stan und ich zusammen entschieden, wo die Musik eingefügt werden sollte.

Frage: Hat die Musik die Herangehensweise der visuellen Produktion und letztlich den künstlerischen Ansatz des Kurzfilms beeinflusst?

Nicholas Pike: Ich habe keinen Zweifel, dass die Songs die Herangehensweise beeinflusst haben, aber letztlich kannte Michael die Geschichte, die er erzählen wollte und die Art, wie er sie erzählt haben wollte.

Frage: Du hast mit einigen wahren Legenden und Ikonen gearbeitet, war Michael der Größte?

Nicholas Pike: Michael war der Größte!

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Frage: Wie hast du von seinem Tod erfahren?

Nicholas Pike: Ein Freund rief mich an und ich kann dir sagen, das war der Beginn einer langen Trauerphase. Auch wenn Michael für einige Jahre nicht sehr aktiv war, habe ich immer daran geglaubt, dass wir wieder zusammenarbeiten werden und ich spürte, dass der Moment näher kam. Zu realisieren, dass das nicht mehr passieren würde, war sehr traurig.

Frage: Weißt du etwas über Pläne einer Ghosts Veröffentlichung auf Blu-Ray/DVD?

Nicholas Pike: Nein, aber ich kann mir vorstellen, dass es irgendwann in der Zukunft in einer hohen Qualität wieder veröffentlicht wird.

Frage: Hattest du die Gelegenheit, während der kurzen Zeit der Veröffentlichung, Ghosts im Kino anzusehen?

Nicholas Pike: Nein. Aber wir hatten nach der Fertigstellung eine Vorführung im Motion Picture Academy Theatre – einem nach dem neusten technischen Stand ausgestattetem Theater, und ich glaube nicht, dass es eindrucksvoller hätte sein können, als dort.

Frage: Ein kurzer Ausschnitt aus Ghosts, mit dem Titel Descending Angels (Herabschwebende Engel), erscheint im TII-Film nach Thriller. Wusstest du davon schon vorher oder war es eine Überraschung, als du TII angesehen hast?

Nicholas Pike: Ich wusste nichts davon, bis es auf meiner IMDB-Seite auftauchte, noch bevor ich den Film sah.

Michael Jackson – Thriller This Is It – HD. Completo.

(ab 4:25 „Descending Angels“)

Frage: Was denkst du über den Film. Hattest du geplant, dir die Live-Show in London anzuschauen?

Nicholas Pike: Ich habe ihn genossen. Ich habe Michael nie live gesehen und deshalb bin ich immer daran interessiert, Michael tanzen und singen zu sehen, auch im Film. Was London betraf, hatte ich nicht geplant, hinzugehen. Ich hatte wohl angenommen, es würde noch mehr kommen, was näher an LA stattfinden würde.

Frage: Wie würdest du Michael mit einem Wort beschreiben?

Nicholas Pike: Ich glaube nicht, dass ich ihn mit einem Wort beschreiben kann. Er war ein sehr komplexes Wesen. Für mich ist es der größte Performer aller Zeiten, ein riesiges musikalisches Talent und gleichzeitig die sanftmütigste aller Seelen. Extrem rücksichtsvoll und respektvoll gegenüber anderen, sowie äußerst großzügig und fürsorglich.

Frage: Abschließend: Was hast du von ihm gelernt?

Nicholas Pike: Ich habe von ihm gelernt, tolerant und respektvoll gegenüber anderen zu sein, egal, wer du bist, bewirkt, dass dein eigener Stern eine Million Mal heller strahlt.

>>  Interview by „This Is It“ – History Continues.com, July 2010 << Thank you!

[4K] GHOSTS Michael Jackson Remastered and Upscaled by Pademonium

II: Interview mit Mick Garris (Regisseur der ursprünglich 1993 geplanten Version von Ghosts)

Mick Garris, der schon in Michael Jacksons „Thriller“ einen der Zombies spielte, sprach mit Movie Line über seine Arbeit und die Entwicklung des Projekts „Ghosts“:

Frage: Wie wurdest du zum Zombie in Thriller?

Mick Garris: John Landis war bereits seit mehreren Jahren einen Freund von mir. Wir haben uns getroffen, als ich am Empfang von Universal arbeitete. Johns Büro war neben mir, als er Animal House machte. Und Rick (Baker) und seine damalige Frau Elaine waren sehr enge Freunde und Nachbarn von mir und Cynthia. Wenn sie uns einluden, kamen wir gelaufen. Ich war damals ein hoffnungsvoller Schriftsteller, machte Werbung für Studios und dergleichen und hatte gerade meine ersten Drehbuch-Jobs.

Frage: Hattest du das Gefühl, dass da gerade Pop-Kultur Geschichte gemacht wird?

M.G.: Wir wussten, es war etwas Besonderes, aber wussten nicht, wie besonders. Wir wussten, dass es viel größere Ausmaße hatte, als andere Musik-Videos in dieser Zeit, und es war ganz anders als die üblichen Performa-Sachen der 1980er. Aber Michael an diesem ersten Abend live zu erleben, war elektrisierend. Ich wurde auf der Stelle ein Fan.

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Mick Garris und Rick Baker (Special makeup effects Thriller)

Frage: Hast du dich mit Michael Jackson angefreundet?

M. G.: Wir wurden zu diesem Zeitpunkt nicht zu Freunden. Später, als ich The Stand machte, schrieben Stephen King und Michael zusammen ein Drehbuch für einen weiteres „scary“ Musik Video – eines, was sogar im Vergleich zu Thriller groß war. King empfahl mich dafür und so traf ich Michael wirklich auf einer persönlichen Basis. Dadurch wurden wir Freunde.

Frage: Was denkst du, was Michael mit Ghosts erreichen wollte?

M. G.: Michael wollte den größten, gruseligsten Musik Film aller Zeiten machen. Nun, ich weiß nicht, ob das gelungen ist, er ist nicht wirklich beängstigend in dem Sinn, aber er ist großartig, die Musik und der Tanz sind hervorragend, und es ist ein großes Spektakel. Und er trifft definitiv den Punkt. Die Thematik der Ausgestoßenen und Fremden, die er und King angelegt hatten, blieb durch die verschiedenen Inkarnationen im Fokus.

Frage: Wie hast du dich eingebracht, und wie hat die Zusammenarbeit zwischen dir, Michael, Stan Winston und Stephen King funktioniert?

M. G.: Ursprünglich war ich eigentlich der Regisseur. Der Film war schon im Jahr 1993 begonnen worden, und ich arbeitete an ihm während der Vorproduktion, und für zwei Wochen während der eigentlichen Produktion. Das Projekt wurde für drei Jahre stillgelegt, bevor Stan Winston es wiederaufnahm. Stan war schon für die Effekte zuständig, als ich noch die Regie hatte. Als das Projekt wiederaufgenommen wurde, empfahl ich ihn als Regisseur, weil ich selbst gerade dabei war, The Shining zu drehen. Ich war oft am Set. Aber als die Produktion im Jahr 1996 fortgesetzt wurde, stand ich nicht zur Verfügung. Ich bekam oft um Mitternacht Anrufe von Michael, der sehr leidenschaftlich über eine Fertigstellung des Films redete und darüber, ihn zu etwas Besonderem zu machen. Er und Stan waren Freunde geworden als sie zusammen The Wiz machten. Anfangs schrieben er und Stephen zusammen am Skript, und ich war nicht wirklich in das eingeweiht, was da vor sich ging. Es passierte erst, als Michael, ich und Stan für Stunden zusammen kamen um die komplizierten Effekte sowie die Musik und Geschichtenführung zu planen.

Aber Ghosts begann als etwas vollkommen anderes.

Niemand weiß das, aber es sollte ursprünglich ein Promo-Video für „Addams Family Values“ werden. In der Tat kamen Christina Ricci und der Junge, der Pugsley spielte auch darin vor. Wir filmten zwei Wochen, kamen aber nie dazu, die musikalischen Nummern zu machen. Es war sehr teuer und anspruchsvoll. Und als es zu den ersten Anschuldigungen kam, drehten wir gerade. Plötzlich war Michael aus dem Land, und das Studio wollte den Film nicht mehr fördern.

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Stan Winston + Michael am Set von Ghosts

Frage: Was bedeutet es jetzt für dich jetzt, dass Stan und Michael gestorben sind?

M. G.: Es ist natürlich unglaublich traurig und wirklich tragisch. Stan war ein sehr talentierter, lustiger und freundlicher Mensch. Aber ich war mehr mit Michael verbunden, verbrachte mehr Zeit mit ihm. Es bricht mir wirklich das Herz, zu sehen, was mit ihm passiert ist. Er war immer sehr zerbrechlich, hatte viele Probleme mit dem Schlafen. Er erinnerte mich sehr an Don McLeans Lied über Vincent Van Gogh. Die Welt kann schlecht/ gemein sein, und Michael absolut nichts Schlechtes in sich. Er war sehr verletzlich und liebenswert. Und den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie klug er war, und vor allem, wie komisch er sein konnte. Ein sehr witziger, übermäßig talentierter Kerl.

Frage: Hatte Michael Hoffnung, dass Ghosts so erfolgreich werden würde wie Thriller?

M. G.: Michael hatte immer die Hoffnung, etwas Großes zu machen. Er dachte „groß“, denn sein ganzes Leben schien von Größe umgeben sein. Ich weiß nicht, was seine Hoffnungen in Bezug auf den Vergleich mit Thriller waren. Aber ich weiß, dass er dachte, Ghosts wäre etwas ganz Besonderes.

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Frage: Ghosts und Thriller zeigen ihn als ein charismatisches, verspieltes „Monster“. Denkst Du, dass er Spaß an diesem Ruf hatte, auch wenn sich die Medien über ihn hermachten?

M. G.: Er ging mit diesem Image sehr spielerisch um, aber als die Presse gemeiner wurde, war er definitiv verletzt, zog sich zurück und wurde immer verschlossener. Aber auch wenn wir Freunde waren, war es nicht so, dass ich ihn ständig sah. Es konnten ein paar Jahren vergehen, ohne ihn zu treffen oder zu sprechen, aber wenn wir uns trafen, hatten wir immer eine gute Zeit.

Frage: Wo warst du, als du hörtest, dass er gestorben ist? Was hast du gedacht und gefühlt?

M. G.: Ich war in meinem Auto, als ich im Radio hörte, dass er bewusstlos sei und ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Ich war natürlich wie jeder fassungslos. Dann, etwa eine Stunde oder so später, hörte ich Gerüchte darüber, er sei gestorben, ich konnte es einfach nicht glauben. Es dauerte ein paar Tage bis ich es wirklich realisierte. Vielleicht war es unvermeidlich, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er zerbrechlich und empfindlich war, und ein unglaublich süßer und großzügiger Kerl. Es brach mir das Herz, so wie der ganzen Welt. Und ich habe wirklich Mitgefühl für seine Kinder, die grandios und unverdorben sind in einer Art und Weise, die sie sich nicht vorstellen können. Zumindest waren sie so, als ich das letzte Mal vor ein paar Jahren sah.

Frage: Als jemand, der ihn kannte, was ist Ihre Reaktion auf die Medienberichte und Spekulationen rund um die Uhr?

M. G.: Ich weiß nicht, ich hasse es darüber zu spekulieren. Ich weiß, er hatte seine Dämonen, Ängste, Schwächen. Ich habe wirklich nichts von Drogenkonsum oder von all dem Zeug mitbekommen. Es war nicht so eine intime Beziehung. Ich weiß nur, dass er jemand war den ich sehr mochte, und dass ich das Privileg hatte, ihn zu kennen und mit ihm zusammen zu arbeiten. Ich vermisse ihn. Auch wenn ich ihn ein paar Jahre nicht gesehen habe, schien es mir immer, dass wir bald wieder zusammen kommen würden und über Filme sprechen und lachen und scherzen und Spaß haben würden. Es macht mich so traurig, dass es nicht wieder passieren wird.

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Frage: Denkst du, Einsamkeit und Traurigkeit waren seine ständigen Begleiter?

M. G.: Eine meiner frühesten Begegnungen mit ihm war in New York, wo er eine Penthouse-Wohnung im Trump Tower hatte. Er war so sehr einsam. Er führte mich zum Fenster und zeigte herunter auf die Fifth Avenue, um mir zu sagen, er würde alles geben, um dort zu Fuß in die Läden zu gehen, aber er könnte es nicht. Ich besuchte ihn auch in Orlando und war überrascht, dass ich, ausgenommen von den Mitarbeitern, der Einzige war, der mit ihm dort war. Es war außer uns für ein paar Tage niemand dort. Ich glaube nicht, dass er viele enge Freunde hatte, Menschen, die nicht irgendetwas von ihm wollten.

Frage: Deine bleibende Erinnerung an ihn wird sein … ?

M. G.: Ihn zum Lachen zu bringen. Wenn Michael lachte, wenn du ihn dazu brachtest, nicht nur hinter der Hand zu kichern, das war ein Anblick. Er liebte es, zu lachen, und es hat Spaß gemacht, ihn zu necken. Vielleicht stammt eine meiner schönsten Erinnerungen vom Set von Ghosts; wir hatten eine Aufnahme fertig, und wenn wir die nächste machen wollten, sagte ich es wie „Bullwinkle“: „Dieses Mal ist es sicher!“ (Wikipedia: Die Abenteuer von Rocky & Bullwinkle)

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Das erste Mal lachte er nur und lachte und lachte. Danach fragte er immer wieder, auch nach guten Aufnahmen: „Mick, mach den Bullwinkle!“ So möchte ich mich an ihn erinnern.

Frage: Wird Ghosts jetzt eine DVD Veröffentlichung bekommen?

M.G.: Ich hoffe es. Es war enorm teuer und wurde nie in den Vereinigten Staaten veröffentlicht. Er bezahlte es auch aus eigener Tasche. Also ich weiß nicht, wer die Rechte besitzt. Aber ich glaube, die Menschen würden es lieben. Von der Zeit, als ich daran gearbeitet habe, bis es fertig war, hat sich einiges daran verändert, aber es ist ein großartiges Werk. Ich hätte gerne, dass es verfügbar wäre. Die einzige Kopie, die ich davon habe, stammt aus einem Musikgeschäft in Hongkong, im alten VCD Format. Ghosts hat etwas Besseres verdient.


Übersetzung: M.v.d.L.


Normal Valley

Is it scary?

(Von Joe Vogel, ein Kapitel aus ‚Man In The Music – The creative Life and Work of Michael Jackson‘)

Is It Scary ist Jacksons Höhepunkt beim Vorstoß zum Gothic. Es ist vielleicht auch seine beste Antwort darauf, wie er öffentlich wahrgenommen wird, als eine Kombination von Spektakel, Schurke und Freak. Wenn Childhood sein persönlichster Song ist, wie Jackson es einmal sagte, dann ist Is It Scary das dazu nötige Gegengewicht. Schaurig, aufrüttelnd und aufschlussreich – ein angemessener Abschluss von Blood On The Dance Floor, diesem Meisterstück-Konzept aus fünf düsteren Songs.

Eine frühe Version von dem Stück schrieb Jackson zusammen mit Jimmy Jam und Terry Lewis Anfang der 90er. Jackson war jedoch mit dem Track nicht zufrieden und formte ihn in den folgenden Jahren weiter aus und „lies ihn zu sich sprechen“. Vergleicht man den frühen Down-Tempo Groove Mix mit der Album-Version, erhält man einen aufschlussreichen Einblick in Jacksons Prozess, einen Song zu entwickeln, bis er genau richtig ist. Der finalen Version wurden nicht nur einige der für den Song wichtigsten Textteile zugefügt, sondern sie bekommt auch die notwendige Atmosphäre, Drama und Leidenschaft, wodurch dem wirklichen Schmerz und Pathos der Lyrics ermöglicht wird, mitzuklingen.

Der Song beginnt mit den beinahe gleichen Beschreibungen wie Ghosts , Bilder von umfassenden Geistererscheinungen und Ghouls, knarrende Stufen und einengende Wände, akustisch dargestellt, eine Tür schließt sich, die Stimmung wird verdichtet, ein Herz fängt schnell zu schlagen an und ruft eine Art von Klaustrophobie, Angst und Panik hervor. Es ist wie ein symbolischer Abstieg in eine Gefängniszelle. Hier wird ganz deutlich, dass Michael Jackson seinem Publikum einen Spiegel vorhält.

I’m gonna be exactly what you wanna see

Ich werde genau das sein, was du sehen willst

singt er. Mit anderen Worten gesagt ist er in diesem geschlossenen Raum bereit zu performen, zu unterhalten. Was immer jemand in ihm oder durch ihn sehen will, wird über den Zuschauer ebenso viel enthüllen wie über das Subjekt.

It’s you who’s taunting me

Ihr seid es, die mich verspottet

singt er weiter direkt an seine Kritiker gerichtet.

Because You’re wanting me to be the stranger in the night

Weil ihr wollt, dass ich der Fremde in der Nacht bin

Das „Verspotten“ dient hier dazu, seine Andersartigkeit auszugrenzen, sie in etwas ‚freakisches‘ und nicht erkennbares zu verwandeln. Er wird zu einer Art modernem Barden, das Publikum keucht, klatscht, spöttelt und lacht, aber missversteht die wahre Natur des Performers und der Performance fundamental.

Is It Scary? Ghosts

Kulturkritikerin Judith Cole sagt, dass Jackson sich zu verschiedenen Punkten seines Lebens und seiner Karriere, der Rolle/dem lyrischen Ich einer Reihe von Minnesängern anpasst, darunter Long Tail Blue, Dandy Blue Jim, Zip Coon, Master Juba und sogar Jim Crow.“ Ein Minnesänger soll natürlich unterhalten, nicht nach seinen eigenen Bedingungen, sondern so, wie es von ihm erwartet wird, und Jacksons Widerstreben dieses zu tun, untergräbt die ihm gegebene Rolle. „Die Geschichte des amerikanischen Entertainments (und Jacksons eigener Platz in dieser Geschichte) ist nie weit entfernt von Jacksons Denken“, beobachtet Kulturkritiker David Yuan.

„Er macht klar, dass er denkt, afroamerikanische Musik sollte nicht auf einen Nebenschauplatz in der amerikanischen Kulturgeschichte verbannt werden … es ist wichtig zu erkennen, wie die häufig erzählte Geschichte von Jacksons Aufstieg zum Stardom der institutionellen Geschichte des afroamerikanischen Entertainments ähnelt – und der institutionellen Geschichte der Freak-Show.“

Seine Unfähigkeit oder sein Widerwille, gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen und „normal“ zu werden, entzürnt, verwirrt und fasziniert die Menschen zur gleichen Zeit. Yuan fährt fort:

„Michael Jackson ist der definitive Celebrity-Freak unserer Tage … (und) die perplexe Öffentlichkeit sieht ihn als den Vermittler seines eigenen „Enfreakments““

Mit anderen Worten, seine „Entscheidung“ der Freak zu sein verschlimmert die Gegenreaktionen noch mehr.

Ein scharfsinniger Jackson realisiert dieses Rätsel (Vexierspiel) und konfrontiert die Zuhörer mit einer Reihe von Fragen:

Am I amusing you, or just confusing you? Am I the beast you visualized?

Amüsiere ich euch, oder verwirre ich euch? Bin ich das Biest, das ihr euch vorgestellt habt?

Im Grunde fragt er, ob er als etwas Geringeres als ein Mensch wahrgenommen wird. In Margo Jeffersons Buch „On Michael Jackson“ beschreibt sie den historischen Kontext einer solchen Frage. „Als der Bürgerkrieg begann, hatte (P.T.) Barnum gerade einen englischen Zirkus-Artisten in schwarzem Make-up und mit einem Pelzumhang vor einen Dschungel-Hintergrund gestellt, und fragte das Publikum: ‚Was ist das?‘ 1875 nahm er einen Afroamerikaner für diese Rolle … „Ist es eine niedere Art Mensch`? Oder eine höhere Art Affe? Keiner kann es sagen! Vielleicht ist es eine Kombination von beidem. Es ist unbestritten die erstaunlichste lebende Kreatur …“ Jefferson fährt fort: „Michael Jackson verkörpert Spurenelemente von dieser ganzen Historie … Seine Rasse, sein Geschlecht, seine Sexualität, sein Alter sind völlig verschwommen und schwer einzuordnen. Für viele wird er deshalb zu einem „Was ist es?“

Durch diesen Kontext treffen Zeilen wie

And if you wanna see, Eccentric oddities, I’ll be grotesque before your eyes

Und wenn ihr exzentrische Seltsamkeiten sehen wollt, werde ich vor euren Augen grotesk

auf einer tieferen Ebene. Er wird grotesk sein, weil es das ist, was die voreingenommene Kultur sieht und sehen will. Es ist das, wozu sie ihn gemacht haben. Er ist – im wahrsten Sinn des Wortes – das Produkt einer amerikanischen Kultur. Er sagt: „Wenn ich euch verängstige, dann deshalb, weil ich so sein soll, und dann werde ich es sein.“

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Später erinnert er uns jedoch daran, dass hinter der Maskerade eine verletzte/leidende Seele steht. Er singt:

If you came to see, the truth, the purity, it’s here inside a lonely heart.

Wenn ihr gekommen seid, die Wahrheit, die Reinheit zu sehen, sie ist hier, in einem einsamen Herzen.

Das Paradoxon ist indes, dass er sich selbst nur offenbaren kann durch das Performen, das Erneuern der verschwommenen Linie zwischen dem Entertainer und dem Menschen, der Rolle und der Persönlichkeit. Diesem komplizierten Schicksal ergeben, erklärt Jackson, was das Motto seines Lebens sein könnte:

Let the performance start!

Lass die Vorführung beginnen!

Der Höhepunkt präsentiert Jackson, wie er mit Kraft seine Wut durch einen Chor von Geistern bündelt, seinen Schmerz herauslässt als etwas, was sich wie Beschwörung/Exorzismus anfühlt. Das ist es, worauf sich Neil Strauss von der New York Times bezog, als er von Jackson sprach, der wie der Elefantenmensch schreit, dass er ein Mensch sei.“

Es beinhaltet eine der schmerzvollsten, jedoch stärksten künstlerischen Äußerungen in Jacksons Karriere.

Michael in Ghosts

Übersetzung: M.v.d.L.


  1. Der Link http :// alchrista .tumblr .com/ post/5036497987/nicholas-pike-composer-remembering-working-with funktioniert leider nicht mehr. ↩︎

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